Alexander Friedemann ist seit 2016 am Roten Kreuz Krankenhaus, seit 2020 als Chefarzt.Foto: Schlie Alexander Friedemann ist seit 2016 am Roten Kreuz Krankenhaus, seit 2020 als Chefarzt.Foto: Schlie
Interview

Kernkompetenzen am RKK ausbauen

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Der neue Chefarzt, Alexander Friedemann, über die Zukunft des Roten Kreuz Krankenhauses.

Weser Report: Herr Friede­mann, Sie haben die Klinik für Allgemein und Viszeralchirurgie im Roten Kreuz Krankenhaus ein dreiviertel Jahr kommissarisch geleitet. Jetzt sind sie dort offizieller Chefarzt. Wie hat sich ihr Arbeitsalltag dadurch verändert?

Alexander Friedemann: Als Chef hat man eine andere Verantwortung – nicht nur zu verwalten sondern vor allem zu gestalten. Und das als Oberhaupt eines Teams, dem ich zuvor nur angehörte. Das ist spannend und macht Spaß.

Was bedeutet das für die Zukunft der Klinik?

Wir haben einiges vor, wollen unsere Schwerpunkte, beispielsweise Darmkrebs, Hernien (Anm. der Redaktion: Eingeweidebruch) und Adipositas weiter ausbauen. Ein besonderer Schwerpunkt ist die so genannte Minimalinvasive Chirurgie, kurz MIC. Fast 90 Prozent aller Magen-Darm-Eingriffe führen wir in MIC-Technik durch. Damit gehören wir in Bremen zu den führenden Häusern.

Wie haben sich die Patientenzahlen in jüngster Vergangenheit entwickelt?

Im Januar 2020 hatten wir 50 Prozent mehr als im Januar 2019.

Worauf führen Sie das zurück?

Wir haben einen guten Ruf, höre ich. Zu den einweisenden Ärzten pflegen wir einen engen und auch persönlichen Kontakt, um die Zusammenarbeit stetig zu verbessern.

Sie stehen ja selbst regelmäßig im OP, vor allem, wenn es um kompliziertere Eingriffe geht. Wie bereitet man sich vor?

Mehr als 90 Prozent aller OPs sind Routine, die man aus dem „FF“ beherrscht, weil die Abläufe klar sind und man genügend Vorlauf hat. Im Ernstfall kann ein Patient jedoch auch eine halbe Stunde nach Einlieferung auf dem OP-Tisch liegen. Bei Notfall-Eingriffen ist der Adrenalin-Spiegel immer noch deutlich höher, um auf alle unerwarteten intraoperativen Befunde adäquat zu reagieren und auch anatomische Besonderheiten zu bedenken. Deswegen nehme ich auch heute noch zwischendurch mein Anatomie-Buch immer wieder gerne zur Hand.

Was war Ihre erste OP und war sie buchstäblich ein einschneidendes Erlebnis?

Als 27-jähriger Arzt im Praktikum musste ich eine Oberschenkel-Amputation durchführen. Das war schon komisch, plötzlich einen Oberschenkel mit zehn bis fünfzehn Kilo Gewicht in der Hand zu haben und diesen entsorgen zu müssen.

Was war Ihre größte berufliche Herausforderung?

Eine sechsstündige OP bei einer Dame mit abgeheilter Bauchfellentzündung. Ich musste als junger Facharzt ohne oberärztliche Unterstützung einen künstlichen Darmausgang zurück verlagern. Die Operation war gekennzeichnet von langwierigster und feinster Präparation. Trotz Assistenz fühlte ich mich ziemlich alleine gelassen. Nach Abschluss der Operation mit gutem Wiederanschluss war ich aber doch sehr stolz.

Was halten Sie von Gesundheitssendungen im TV und Dr. Google?

Dr. Google kann zu Missverständnissen führen. Wer sich vorab im Internet informiert, kommt oft mit eigener Diagnose zu uns. Für einen Arzt kann es schwer sein, diese Meinung zu durchbrechen und das Gegenüber zu überzeugen, dass man nicht umsonst sechs Jahre studiert und einiges an Berufserfahrung hat. Dabei ist es wichtig, dass das Verhältnis zwischen Arzt und Patient funktioniert.

Kein Mensch geht gerne ins Krankenhaus, das trübt sicherlich bei einigen Patienten die Stimmung enorm. Wie gehen Sie mit denen um?

Meistens führen Vorbehalte und Ängste zu solchem Verhalten. Es ist also wichtig, ihnen freundlich zu begegnen, sie zu fragen, was ihnen nicht passt und so eventuelle Verklemmungen zu lösen.

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Eine Antwort

  1. Gunnar-Eric Randt sagt:

    Zukunft fängt bei der Ausbildungsstätte an

    Bremen hat nicht einmal eine medizinische Fakultät an einer seiner Unis. Außerdem fehlen Bremen die weichen Standortfaktoren, um ernstzunehmende Mediziner an sich zu binden. Wer woanders mit seiner Ausbildung nichts wird, der kommt nach Bremen. Mediziner in Deutschland zählen aber sowieso zu den am schlechtesten ausgebildeten im weltweiten Vergleich. Die Bundesregierung weiß das vom Wissenschaftsrat schon seit 10,5 Jahren, hat aber den Fehler begangen, die MINT-Initiative zu starten. Deutschland haben seine Ingenieure um das Ansehen in der Welt gebracht. Die Ärzte aus Deutschland hingegen, sind immer noch nicht weltweit anerkannt.

    Zukunft haben nur Kliniken, die interdisziplinär aufgestellt sind. Und da sind Kliniken in Bremen meilenweit davon entfernt. Bis auf München, gibt es deutschlandweit nicht einmal Unikliniken, die dieses Kriterium erfüllen.

    Vorbildlich ist diesbezüglich die Asklepios-Klinikgruppe mit ihren Kliniken aufgestellt.

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