Traf den Ball beim 1:0 perfekt und lässt Werder wieder Hoffen im Abstiegskampf: Leonardo Bittencourt (rechts) Foto: Nordphoto Leonardo Bittencourt (rechts), der sich hier im Zweikampf behauptet, sorgte mit einem satten Flachschuss ins lange Eck für die Entscheidung im Breisgau. Foto: Nordphoto
Sieg in Freiburg

Ein erster Schritt

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1:0-Sieg in Freiburg hellt Lage für Werder vorerst auf, doch viele Missstände bleiben.

Werder Bremen lebt doch noch! Im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga landete der Vorletzte am Samstagnachmittag einen enorm wichtigen 1:0 (1:0)-Auswärtssieg beim SC Freiburg. Durch den fünften Saisonerfolg pirschte sich das Team des in der Kritik stehenden Trainers Florian Kohfeldt bis auf zwei Punkte an den Relegationsplatz heran. Allerdings kann Fortuna Düsseldorf am Sonntag mit einem Sieg beim 1. FC Köln wieder davonziehen. Dramatisch war für Werder die Schlussphase, in der zuerst Philipp Bargfrede mit Gelb-Rot vom Platz flog und wenig später ein Tor des Freiburgers Manuel Gulde nach Einsatz des Videobeweises zurückgenommen wurde (89.). So blieb der Treffer von Leonardo Bittencourt aus der 19. Minute der entscheidende der Partie.

Werder beginnt selbstsicher

Mit markig-selbstbewussten Worten hatte Kohfeldt sich am Tag vor dem Anpfiff zusätzlich unter Druck gesetzt. „Ich bin nach wie vor der Beste für diese Position“ und: „Ich werde es allen zeigen“, hatte er gesagt und sich damit selbst indirekt ein Ultimatum gestellt. Entweder es würde gegen Freiburg funktionieren oder er hätte sich mit seinem Selbstbewusstsein verbraucht. Es war also klar: Die Mannschaft musste auch für den Trainer spielen. Und das tat sie dann auch.
Die erste Halbzeit gegen den Sport-Club aus Freiburg war sehr solide. Werder unterliefen lange nicht so viele Fehler wie in der bisherigen Rückrunde, das Team begann sogar selbstsicher, gab zunächst den Ton an. Das war so nach dem 1:4-Offenbarungseid vom Montag gegen Bayer Leverkusen nicht zu erwarten gewesen.

Führung nicht unverdient

Die Führung durch Bittencourt nach 19 Minuten war nicht mal unverdient. Wie es passiert war? So: Marco Friedl, gegen Leverkusen noch gescholten, erkämpfte auf der linken Abwehrseite den Ball, leitete weiter auf Davy Klaassen. Der Niederländer, neben Josh Sargent (bekam den Vorzug vor Davie Selke) einer von zwei Neuen in der Startelf, spielte einen sehr sehenswerten Pass auf Bittencourt, der wiederum aus 20 Metern flach abschloss.
Zuvor hatten einen Freistoß von Vincenzo Grifo (5.) und Roland Sallai (17.) für Gefahr vor dem Bremer Tor gesorgt. Klaassen hatte auf der Gegenseite eine gute Möglichkeit, legte aber zu wenig Überzeugung in seinen Abschluss (8.).

Bremer halten dagegen

Nach der Bremer Führung änderte sich das Geschehen im Schwarzwald-Stadion aber nach und nach. Freiburg, bis dahin eher zurückhaltend, agierte schneller, sicherer. Mehrmals kam der Tabellensiebte zum Abschluss, doch entweder packte Werder-Keeper jiri Pavlenka zu oder der Ball zischte vorbei. Und einmal war es eine Grätsche von Theo Gebre Selassie gegen Lucas Höler (in Achim nahe Bremen geboren und deshalb Werder-Fan seit Kindestagen), die Schlimmes verhinderte. Die Szene stand sinnbildlich für die ersten 45 Minute, denn sie sagte aus: Werder hielt dagegen. Ganz so, wie Kohfeldt es versprochen hatte: „Wir lassen nichts dahinplätschern.“

Alte Fehler kehren zurück

Das Verhalten bei eigenen Kontern ließ aber zu wünschen übrig. Siehe Bittencourts mangelnde Übersicht in Minute 30, als er den Moment des schnelles Passes auf Sargent oder Klaassen verpasste.
Aber immerhin: Werder führte zur Pause und hatte bis dahin auch sechs Freiburger Standardsituationen schadlos überstanden. Nicht selbstverständlich für ein Team, das bislang 18 Gegentore nach ruhenden Bällen kassiert hat. Freiburg hat dagegen von den jüngsten 17 Toren zwölf nach Standardsituationen erzielt.
Doch bloß weil Werder diese eine Schwäche vermeintlich abstellte, waren noch lange nicht alle Missstände behoben. Was in Halbzeit zwei immer deutlicher wurde. Mit steigendem Freiburger Druck kehrte Werder mehr und mehr zu den alten Fehlern zurück. Die da waren: Fehlpässe, schnelle Ballverluste, kein Spielaufbau, kaum Entlastung für die Abwehr. Und immer mehr Arbeit für Pavlenka. bei Sallais Versuch aus spitzem Winkel (55.) und vor allem bei Hölers Geschoss aus der Distanz (61.) zeigte der Tscheche seine Klasse.

Erst die zweite Partie ohne Gegentor

Kohfeldt reagierte auf die Entwicklung mit zwei Wechseln in der Offensive. Für Torschütze Bittencourt und den wirkungslosen Sargent kamen Fin Bartels und Yuya Osako (63.). Tatsächlich kamen die Gäste nun mal wieder vor das Freiburger Tor, doch es blieb bei Annäherungen, Chancen sprangen nicht dabei heraus.
Musste ja auch nicht sein, so lange die Abwehr, die in der gesamten Saison erst einmal ohne Gegentor geblieben war (beim 1:0 in Düsseldorf), aber schon 59 Gegentreffer kassiert hatte, weiter dichthalten würde. Längst hatte sich die Defensive als Fünferkette aufgestellt, in der Bargfrede (kam nach 35 Minuten für den angeschlagenen Kevin Vogt) einen astreinen Ausputzer spielte. Und in der Friedl viel von dem vergessen ließ, was ihm zuletzt harsche Kritik eingebracht hatte. Nach 81 Minuten musste der Österreicher aber mit einer Muskelverletzung vom Platz, droht nun ebenso wie Vogt für die Partie am Dienstag gegen Borussia Mönchengladbach (20.30 Uhr) auszufallen. Dann fehlt definitiv Bargfrede, der drei Minuten vor Schluss wegen wiederholten Foulspiels die Gelb-Rote Karte sah. Aber sein Kampf und der aller anderen hatte sich gelohnt. Gewonnen – für Werder geht doch noch etwas im Abstiegskampf.

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