Albertus Akkermann hat mit seinen Liedern ein Stück Borkum zu den Gästen gebracht, die ­während der Insel-Sperrung nicht kommen durften.Foto: Behr
Borkum

Nordsee statt Mittelmeer

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Corona hat die Insel Borkum verändert. Die Menschen erleben Existenzängste, aber auch neue Chancen.

Der Strand und die Stadt sind auch relativ voll. Damit habe ich nicht gerechnet“, sagt Birte Armbrust. Seit ihrem ersten Lebensjahr macht die 25-Jährige auf der ostfriesischen Insel Borkum Urlaub. Nachdem die Insel wochenlang von der Außenwelt abgeschottet war, dürfen jetzt wieder Urlauber kommen. „Ich bin sehr froh, dass ich überhaupt hier sein kann“, sagt Armbrust. „Kurz zuvor hatte ich noch Bedenken, denn wenn hier einer Corona hat, kommt man nicht so schnell von der Insel weg.“

Doch als sie angekommen sei, habe sie gemerkt, dass fast alles wie immer ist: „Wenn ich nicht wüsste, dass Corona ist, würde ich es hier nicht merken, außer dass ich in Restaurants und beim Einkaufen eine Maske tragen muss“, sagt die Urlauberin.

Einnahmequellen weggebrochen

Der Borkumer Wattführer und Musiker Albertus Akkermann hat miterlebt und mitgelitten, als die Insel für Touristen gesperrt wurde. „Meine kompletten Einnahmequellen sind mir weggebrochen“, sagt Akkermann. „Die Insel ist zu 100 Prozent abhängig von den Touristen, alle wirtschaftlichen Aktivitäten sind auf unsere Gäste ausgerichtet.“

Auf der sonst gut besuchten Strandpromenade war ­während der Inselsperrung kein Mensch zu sehen. Foto: Behr

Aber Akkermann schmollte nicht lange, sondern griff zum Akkordeon. Als niemand nach Borkum kommen durfte, brachte er die Insel zu den Gästen nach Hause bringen. Mit seinem Instrument zog er an den menschenleeren Strand, sang dort Lieder und nahm sich auf. „Die Videos habe ich auf Youtube hochgeladen. Eigentlich nur, um meinen Stammgästen ein Stück Borkum zu bieten“, sagt Akkermann. Am Ende hatte der Musiker mehr als 200.000 Aufrufe. „Mich haben Menschen weinend angerufen und sich dafür bedankt, dass ich ihnen in dieser schwierigen Zeit ein bisschen Sehnsucht und Freiheit gebracht habe“, sagt Akkermann.

Wattwanderungen bieten genügend Abstand

Doch auch jetzt, wo die Touristen wieder kommen, ist es finanziell nicht leicht für Akkermann. Und nicht nur für ihn. „Konzerte sind schwierig, weil der Abstand eingehalten werden muss und sich das dann für so kleine Zuschauerzahlen wirtschaftlich nicht lohnt.“

Im April noch menschenleer…   Foto: Behr

Bei seinen Wattwanderungen sei der Abstand kein Problem, dort gebe es schließlich genug Fläche. Doch da er hauptsächlich Schulklassen durch das Weltnaturerbe führt, habe er auch dort Einbußen. „Da man nicht weiß, wie es weiter geht und man nicht planen kann, entsteht eine Perspektivlosigkeit“, findet Akkermann. „Die Borkumer müssen jetzt zusammenhalten.“

 

Damit steht der Musiker nicht allein. Hubert Rummeni leitet das Hotel Rummeni im Herzen der Insel. „Zum Saisonstart Anfang März sah es für mich sehr gut aus. Das erste Wochenende war komplett ausgebucht“, erzählt der Hotelier. „Dass ich dann meinen gesamten Buchungskalender löschen musste für die Zeit der Inselschließung war psychisch sehr belastend“.

…im Juli voller Gäste. Foto: Neeland

Die Ausfälle aus dem Frühjahr werde er nicht mehr ausgleichen können, selbst wenn er im Herbst das Hotel zwei Wochen länger als üblich offen halte. Die vielen Regeln, die die Öffnung der Insel mit sich brachte, sind kompliziert. „Am Anfang durfte ich mein Hotel zu 60 Prozent belegen“, sagt er. Inzwischen darf der Hoteliers wieder jedes Bett belegen.

Corona als Chance

Außerdem durfte Rummeni das Frühstück zunächst nicht wie sonst am Büfett anbieten, sondern musste es den Gästen am Tisch servieren. „Das war mit einem enormen personellen Aufwand verbunden. Dass wir jetzt vor einigen Tagen wieder auf Büfett umstellen durften, hat die Arbeit wieder halbiert“, erklärt der Hotelier.

Der Strand ist breit genug für Abstand, doch im April war niemand dort. Foto: Behr

Und noch etwas ändert sich: „Nun sind auch Gäste auf Borkum, die sonst ins Ausland gefahren wären“, sagt Rummeni. Er sieht Corona jetzt als Chance für die Insel. „Wenn die neuen Gäste zufrieden sind, kommen sie vielleicht auch wieder. So ein Marketing dauert normalerweise lange, bis es wirkt. Doch das hat die Pandemie jetzt für uns in Rekordzeit erledigt.“

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