Zelten zum ersten Mal auf dem Campingplatz am Falkensteinsee: Sebastian und Theda Kuenen mit Sohn Thore (2) und der siebenwöchigen Alva. Foto: Konczak
Camping und Corona

Falkensteinsee statt Nordsee

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Corona wirbelt so manche Urlaubspläne durcheinander und sorgt für einen Camping-Boom.

Falkensteinsee statt Nordsee: Eigentlich hätte Familie Kuenen ihr großzügiges Sturmzelt gerade auf Spiekeroog aufgeschlagen, doch Corona machte den Berlinern einen Strich durch die Rechnung. Der Zeltplatz blieb geschlossen, und so musste umgeplant werden. „Wir haben in der Umgebung gesucht“, erzählt Theda Kuenen. Fündig wurde sie zusammen mit Ehemann Sebastian schließlich in der Gemeinde Ganderkesee, und so ging es mit dem Nachwuchs, Sohn Thore (2) und der sieben Wochen alten Alva, auf den Campingplatz am Falkensteinsee. Hier haben sie ihr Zelt direkt am idyllischen Seeufer aufgestellt – laue Landluft statt steife Brise am Meer.

100 Prozent Auslastung

Das Coronavirus hat in diesem Jahr so manche Urlaubspläne ordentlich durcheinander gewirbelt. Und für einen wahren Boom bei Campingreisen gesorgt. Im Juni stieg die Zahl der Neuzulassungen bei Wohnmobilen laut Kraftfahrt-Bundesamt um rund 65 Prozent, und auch bei den privaten Vermietungen haben die Buchungen deutlich angezogen. Nachdem auch der Campingplatz am Falkensteinsee im Zuge des Lockdown im März schließen musste, können die Betreiber Rieke Meiners und Rik Geiger seit dem 12. Mai wieder Urlauber begrüßen. Zunächst nur mit einer maximalen Auslastung von 50 Prozent, seit Mitte Juni wieder bis zu 100 Prozent. 150 Ferienstellplätze und 100 Zeltplätze stehen auf dem Areal zur Verfügung.
„Derzeit ist Ferienzeit, da sind wir ohnehin immer gut gebucht“, erklärt Rieke Meiners. Auch viele Wochenendgäste finden den Weg auf den naturnahen Platz. „Die Menschen haben aber viele Fragen, es gibt auch einige Neucamper, für die das Campen eine kleine Herausforderung ist.“ Eine Familie etwa, die eigentlich nach Mallorca reisen wollte, entschied sich dann doch bewusst für einen Urlaub in Deutschland, in der Natur von Steinkimmen. Das Reisen in den „eigenen vier Wänden“ bietet gerade in diesen unsicheren Zeiten viele Vorteile. „Viel frische Luft, die Leute haben ihr Sanitär gleich dabei, ihr eigenes kleines Heim, können sich selbst versorgen“, schildert Meiners den besonderen Reiz, Flugzeug und Hotel lieber gegen Bulli und Wohnwagen zu tauschen. Vom Stellplatz aus lassen sich dann wunderbar Tagesfahrten unternehmen.

Viel Mehraufwand

Urlaub im eigenen Land, er steht nicht erst seit Corona bei den Deutschen hoch im Kurs. Schon seit Jahren ist Deutschland das beliebteste Reiseland der Einheimischen, wie verschiedene Studien belegen. „Die Menschen schätzen auch besonders in diesen Zeiten das Gesundheitssystem“, weiß Meiners. „Und für viele ist Urlaub in Deutschland aber auch mal etwas Neues.“ Auch am Falkensteinsee campen gern Besucher aus der ganzen Republik, Touristen aus dem Ausland hingegen sich in diesem Jahr weniger anzutreffen. Zu groß ist eben derzeit die Unsicherheit, das eigene Land zu verlassen.
Um ihren Gästen einen möglichst unbeschwerten Urlaub in Corona-Zeiten zu garantieren, schultern Rik Geiger und Rieke Meiners einen gehörigen Mehraufwand. Desinfektionssäulen im Außenbereich, vermehrte Reinigungen und Desinfektionen, Papierhandtücher – im Vorfeld musste so Einiges neu organisiert werden. Wenn dann die Tücher auch noch auf dem Boden landen, bedeutet auch das für Team noch mehr Aufwand. Rieke Meiners schätzt, dass allein die Kosten für den Papierverbrauch bis Saisonende bei rund 10.000 Euro liegen dürften. Doch das Betreiber-Paar ist froh, dass trotz allem die Menschen in ihrem kleinen Paradies urlauben, sich zusammenfinden und begegnen können.
Eben so wie Familie Kuenen aus Berlin. Bis auf die Tatsache, dass sie ihr eigentliches Reiseziel nicht ansteuern konnte, habe sich in diesem Jahr nichts für sie geändert. „Es ist nur etwas umständlicher geworden, was die Sanitäranlagen betrifft“, meint Theda Kuenen. „Aber es ist alles wirklich sehr sauber.“

Eine Nacht auf den Graftwiesen

Die Stadt Delmenhorst bietet zwar keinen Campingplatz, dafür aber acht kostenfreie Stellplätze auf den Graftwiesen. Eine Nacht hat dort gerade eine 87-jährige Camperin verbracht, auf dem Heimweg nach Stuhr-Varrel.  In ihrer Straße musste erst noch ein Plätzchen frei werden für ihren Camper. „Man kann hier gut übernachten, es könnte aber etwas gepflegter sein“, meint die Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Bedauerlich sei, dass die Wasserversorgung derzeit nicht möglich ist. Normalerweise sei sie immer von April bis Oktober in ihrem Wohnmobil unterwegs, in diesem Jahr konnte sie wegen Corona gemeinsam mit Hündin Luna erst im Juni starten. Ansonsten habe es keine größeren Einschränkungen gegeben.

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