Zuletzt mit einem polternden Rückfall in alte Zeiten: Marco Friedl und Trainer Florian Kohfeldt. Foto: Nordphoto Abwehrspieler Marco Friedl und Trainer Florian Kohfeldt erleben momentan ein ungewolltes Déjà-vu. Foto: Nordphoto
Grün-weißes Remake

Nichts dazugelernt?

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Die nächsten Spiele gegen RB Leipzig, Borussia Dortmund und Mainz entscheiden über Werders Weihnachtstimmung.

Die Anzeichen verdichten sich, dass Werder Bremen erneut keine ruhige Saison erleben wird. Mit sieben sieglosen Spielen in Serie haben die Bremer einen unheilvollen Trend gesetzt: Die wichtigsten Fragen zur aktuellen Situation des SV Werder:

Wie bedohlich ist die Lage?

Es könnte schlimmer sein. Aktuell Platz zwölf und vier Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz sind als Zwischenbilanz ja nichts völlig Unerwartetes bei einem Team, das in der Vorsaison beinahe abgestiegen wäre. Trainer Florian Kohfeldts Bewertung nach zehn Spieltagen ist deshalb kaum zu widersprechen: „Wir bewegen uns im Rahmen dessen, was wir uns vorgenommen haben.“

Ist Werder zurück im Krisenmodus?

Zwei Niederlagen am Stück nach zuvor fünf Unentschieden in Serie – das ist keine Bilanz zum Hurraschreien, eine Krise ist es aber auch nicht. Noch nicht. Wenn man so will, befindet sich Werder Bremen im Wartezimmer – die restlichen drei Spiele vor Weihnachten entscheiden darüber, ob es ein frohes oder sorgenvolles Fest wird.

Was ist drin gegen Leipzig, Dortmund und Mainz?

Nach zwei ernüchternden Pleiten nun binnen vier Tagen (Samstag bei RB, kommenden Dienstag gegen BVB) auf zwei Spitzenteams zu treffen, ist nicht gerade eine ideale Konstellation. Das Spiel in Mainz (19. Dezember) beendet das Bundesliga-Jahr 2020. Dass Werder gegen die „Bullen“ und den BVB kaum Chancen eingeräumt werden, nimmt Florian Kohfeldt nicht einfach so hin. Er stemmt sich gegen den grassierenden Pessimismus: „Es gibt keinerlei Automatismus, dass man gegen einen stärkeren Gegner nicht mal einen Punkt holen oder gewinnen kann. Wir müssen uns jetzt an das zurückerinnern, was erst zwei Wochen her ist. Wir haben auch in München gepunktet.“
Ein Blick viel weiter zurück verheißt aber nichts Gutes. Aus den sechs Spielen gegen Leipzig, Dortmund und Mainz holte Werder in der vergangenen Saison genau einen Punkt – bei 3:18 Toren.

Wieso hat das 1:1 bei den Bayern nicht den erhofften Schwung gebracht?

Die Laune war gehoben, nachdem Werder Bremen das erste Mal nach 22 Niederlagen am Stück nicht gegen die Bayern verloren hatte. Das musste doch Auftrieb geben, war die Hoffnung. Gab es aber nicht. Es folgten das 3:5 in Wolfsburg und das 1:2 gegen Stuttgart. Erklärungsansatz: Werder wähnte sich nach dem Achtungserfolg in München auf einer Entwicklungsstufe, auf der sich die Mannschaft gar nicht befindet. Die ausgemachte und vielfach bestaunte Defensivstärke war offenbar nur temporär. Selbst Coach Kohfeldt sinniert über die möglicherweise kontraproduktive Wirkung des 1:1.

Hat Werder nichts dazugelernt?

Schon komisch, dass man sich so stark an die vergangene Saison erinnert fühlt – und das nicht nur wegen der ähnlichen Ergebnishistorie. Auch das 1:2 gegen Stuttgart wies in wesentlichen Punkten Gemeinsamkeiten mit vielen Spielen der Vorsaison auf: vorne fürchterlich harmlos, hinten fürchterlich fehlerhaft. Und am Ende sagte der Trainer Sätze, die irgendwie entlarvend waren. Er mahnte dazu „extrem wachsam“ zu sein: „Wir dürfen nicht darauf warten, dass die Punkte zu uns kommen, sondern müssen die absolute Schärfe vor beiden Toren haben. Und wir müssen in jedem Spiel versuchen, mit allem, was wir haben, zu punkten.“
Ein Fehler der vergangenen Saison war es auch, die Abstiegsgefahr zu lange geleugnet zu haben. Stellvertretend dafür steht ein Satz von Davy Klaassen. „Wir sind zu gut für den Abstiegskampf“, hatte er behauptet und wurde dann eines Besseren belehrt. Ein Zitat von Marco Friedl lässt daran zweifeln, ob das Team daraus gelernt hat. Nach dem Stuttgart-Spiel teilte er in einer Art Remake mit: „Wir wissen, dass wir deutlich mehr Qualität haben, als dass wir um den Abstieg spielen.“ Wenn das nicht erneut ein grün-weißer Irrtum ist.

Welche Rolle spielt Kohfeldt?

Der Abstiegskampf der vergangenen Saison wurde dem Trainer gewissermaßen als Ausreißer durchgehen gelassen – wenn es jedoch erneut runter in den Keller geht, müsste sich der Kohfeldt den Vorwurf gefallen lassen, die Mannschaft nicht besser gemacht zu haben. Die personellen Probleme in der Offensive und der Verlust von Klaassen sind nicht wegzudiskutieren, erklären aber längst nicht alles. Die Partien gegen Wolfsburg und Stuttgart waren die Qualität der Fehler betreffend ein polternder Rückfall in alte Zeiten. Da reicht es auch nicht, auf Mini-Fortschritte in anderen Bereichen („Wir spielen besser Fußball als zu Saisonbeginn, holen aber weniger Punkte“, so Kohfeldt) hinzuweisen.

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