Hat sich nach fünf Jahren und 121 Bundesligaspielen bei Werder vom Talent zum Stammspieler entwickelt: Innenverteidiger Milos Veljkovic. Foto: Nordphoto Auswärtsgegner Köln ist für Milos Veljkovic ein wenig besonders – gegen die Geißböcke erzielte der Innenverteidiger und eigentliche Torverhinderer bereits einen Treffer. Foto: Nordphoto
Entwickeltes Talent

Ekelig und giftig als Qualität

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Milos Veljkovic über Torjägerqualitäten, Corona-Langeweile und die Familie in der Schweiz

Milos Veljkovic gehört inzwischen schon zum Inventar des SV Werder Bremen. Seit fünf Jahren ist der in der Schweiz geborene Serbe bereits an der Weser, hat 121 Bundesligaspiele für die Grün-Weißen absolviert – nur Theodor Gebre Selassie (259), Maximilian Eggestein (145) und Jiri Pavlenka (123) aus dem aktuellen Kader haben mehr mit der Raute auf der Brust absolviert. Und vor dem wichtigen Auswärtsspiel beim 1. FC Köln (Sonntag, 15.30 Uhr) zeigte der 25-jährige Innenverteidiger noch ungeahnte Traumtor-Qualitäten.

Herr Veljkovic, wie oft haben Sie sich schon auf dem Youtube-Kanal der DeichStube Ihr Traumtor beim Training am Dienstag angeschaut?

Normalerweise bekomme ich so etwas gar nicht mit. Aber meine Freunde haben mir das per Whats-App geschickt – und natürlich habe ich es mir dann zwei, drei Mal angeguckt. Es war wirklich ein schönes Tor.

Steckt in Ihnen vielleicht doch ein Torjäger, hat Sie Trainer Florian Kohfeldt womöglich ganz falsch eingesetzt?

Es kann schon sein, dass ich die falsche Position spiele (lacht). Nein, nur Spaß. Im Training ist alles schon ein bisschen einfacher.

Stimmt, im Spiel hatten Sie zuletzt weniger Erfolg, da landeten ihre beiden Kopfbälle aus kurzer Distanz gegen Fürth und Freiburg nicht im Tor. Wie sehr beschäftigt Sie das noch?

Es ärgert mich, dass ich der Mannschaft nicht mit einem Tor helfen konnte. Aber es zeigt auch, dass ich im Vergleich zum Saisonbeginn viel besser in solche Positionen komme und gefährlicher bin. Ich muss nur noch konsequenter sein, dann treffe ich hoffentlich bald auch mal.

Fühlen Sie sich als Stammspieler?

Ja. Ich habe schon das Gefühl, dass ich spiele, wenn ich fit bin. Aber ich mache mir da auch nicht so viele Gedanken, weil das allein der Trainer entscheidet.

Und Florian Kohfeldt hat unlängst öffentlich betont, dass Sie genau diesen Status besitzen. Wie gut tut das?

Ganz ehrlich: Ich höre, sehe und lese nichts. Aber es ist immer schön, das Vertrauen vom Trainer zu haben.

Warum interessiert es Sie nicht, was über Werder und Sie berichtet wird, sind Sie da gar nicht neugierig?

Am Anfang meiner Karriere war ich das und habe auch viel verfolgt. Seit ein paar Jahren lasse ich das aber, weil ich mich direkt auf das nächste Spiel konzentrieren will. Es ist dabei auch egal, ob ich gut oder schlecht gespielt habe, ich mag diesen Rückblick nicht und schaue lieber nach vorne.

Okay, Sie werden es nicht gelesen haben, aber es wurde zuletzt viel über die starken Leistungen Ihrer Abwehrkollegen berichtet: Ömer Toprak und Marco Friedl. Ömer ist mit 31 Jahren sehr erfahren, Marco mit 22 Jahren noch sehr jung – wo ordnen Sie sich dort mit Ihren 25 Jahren ein, an welchem Punkt Ihrer Karriere stehen Sie?

Ich würde es mal so sagen: Ich bin schon lange kein Talent mehr. Mit meiner Erfahrung fühle ich mich sehr wohl.

Wird man den Status Talent überhaupt los, wenn man in einem Verein bleibt?

Ich denke schon. In der Mannschaft spüre ich viel Respekt – und nicht nur dort.

Was hat sich denn verändert im Vergleich zu den Zeiten als Talent?

Ich habe mich gut weiterentwickelt, bin vor und in den Spielen ruhiger geworden. Gerade in den ersten beiden Jahren war ich schon etwas nervöser. Das gehörte damals aber einfach dazu.

Was möchten Sie in Ihrem Spiel noch verbessern?

Die Torgefährlichkeit (lacht).

Was ist mit den Diagonalbällen, für die Sie bekannt sind, können Sie diese Waffe noch schärfen?

Wir arbeiten kollektiv daran. Aber im Spiel muss man sich auch an die Gegebenheiten anpassen. Wenn der Gegner zum Beispiel in einem 3:5:2-System spielt, ist es schwerer, den linken Flügel anzuspielen, weil es dort dann ein Mann gegen Mann gibt. Bei einer Viererkette ist das einfacher. Klar, Diagonalbälle gehören zu meinen Stärken, aber ich muss das nicht in jedem Spiel zeigen. Das habe ich gelernt. Ich kann jetzt besser die richtige Entscheidung treffen, welchen Ball ich wann spielen muss.

Gegen Frankfurt ging es vor allem auch darum, den Gegner mit Kompromisslosigkeit zu begegnen. Hat es Ihnen gefallen, dass Werders Spielweise hinterher als „ekelig“ bezeichnet wurde?

Definitiv. Wir waren alle ekelig und giftig gegen den Ball – und mit dem Ball dann zielstrebig und konsequent. So muss das sein.

Wie lenken Sie sich in Zeiten von Corona vom Fußball ab?

Ich tausche mich viel mit meiner Familie über Facetime aus. Ansonsten geht es mir wie fast allen: Ich schaue viel Fernsehen, vor allem Netflix. Die Tage sind insgesamt eher langweilig.

Haben Sie denn wenigstens eine spannende Netflix-Serie entdeckt, die Sie empfehlen können?

Meine Lieblingsserie ist aktuell Narcos.

Worum geht es dabei?

Um Pablo Escobar, einen Drogenhändler. Das ist schon sehr interessant.

Wie sehr vermissen Sie Ihre Familie?

Schon sehr. Ich war jetzt schon sieben, acht Monate nicht mehr in der Schweiz. Früher bin ich schnell mal nach Hause, wenn wir zwei Tage frei hatten. Das geht jetzt nicht mehr. Deswegen hoffe ich, dass diese ganze Sache bald vorbei ist.

Das Pokalspiel gegen Regensburg musste verlegt werden, weil gleich acht Corona-Fälle beim Zweitligisten aufgetreten sind, darunter auch vier Infektionen mit Mutanten des Virus. Machen Sie sich Sorgen, dass die umfangreichen Schutzmaßnahmen für Sie als Profi doch nicht ausreichen könnten?

Nein. Bei uns hält sich jeder an die Regeln, mehr geht nicht. Natürlich kann immer etwas passieren, aber damit darf man sich auch nicht zu viel beschäftigen.

Beschäftigen Sie sich denn schon ein bisschen mit dem möglichen Pokalfinale, darf da ein bisschen geträumt werden?

Na klar. Ich habe mir auch die anderen Pokalspiele angeschaut. Natürlich hat man da Kopfkino, wir wollen in Berlin dabei sein. Trotzdem gilt: Wir müssen von Spiel zu Spiel denken. Auch wenn das vielleicht etwas langweilig klingt.

Die Coronakrise hat auch den Fußball hart getroffen. Sind Sie froh, dass Ihr Vertrag noch ein Jahr läuft und Sie dadurch abgesichert sind?

Natürlich. Es ist ein Privileg, einen Vertrag bei so einem Club in der Bundesliga zu haben. Dafür bin ich dankbar.

Am Sonntag geht es gegen Köln, kann da schon die Vorentscheidung im Abstiegskampf fallen?

Das weiß ich nicht. Es geht um drei wichtige Punkte. Wir wollen so auftreten wie gegen Frankfurt und natürlich punkten.

Mögen Sie Köln als Gegner?

Es ist kein Lieblingsgegner, aber auch kein normaler Gegner, denn ich habe gegen Köln schon mal getroffen. Also ich hätte nichts dagegen, wenn es wieder klappen würde.

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