Nur 40 Prozent der Linienfrachter kommen nach Angaben des Vereins Bremer Spediteure derzeit pünktlich in den Häfen an.Foto: Frauke Feind/Pixabay
Reedereien

„Diktat der Reeder“

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Warum Bremer Spediteure derzeit alle Hände voll zu tun haben

Die Schiffe sind voll, Bahnen und Frachtflugzeuge auch, leere Container sind hingegen Mangelware. Der Welthandel floriert – trotz und teilweise auch wegen Corona. Während sich die Reedereien nach mageren Jahren über um das Fünf- bis Zehnfache gestiegene Frachtraten freuen, ist den Bremer Spediteuren der Spaß vergangen. Sie ärgern sich über nicht eingehaltene Fahrpläne und äußerst kreative Preisgestaltung der Reedereien. Carsten Hellmers, Geschäftsführer von Alexander Global Logistics, spricht sogar von einem „Diktat der Reeder“.

Dabei wollen die Spediteure den Reedern gar nicht das Recht absprechen, gutes Geld zu verdienen. Schließlich hätten diese über Jahre Verluste in zweistelliger Milliardenhöhe angehäuft, sagt Oliver Oestreich, Vorsitzender des Vereins Bremer Spediteure.

Unzuverlässigkeit und Missbrauch

Die Spediteure kritisieren insbesondere Unzuverlässigkeit und Missbrauch von Marktmacht der drei großen Reeder-Allianzen, die den Markt beherrschten. „Was wir erleben, sprengt alle Vorstellungen“, sagt Robert Völkl, Geschäftsführer des Vereins. So böten einige Reedereien an, für zusätzliche 1.000 Dollar die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass gebuchte Container auch tatsächlich verladen werden. Eine Garantie gebe es aber nicht. „Es werden jeden Tag neue Zuschläge erfunden“, berichtet Völkl.

Für die Speditionen und ihre Mitarbeiter bedeutet das vor allem Mehraufwand. „Manche Aufträge müssen zehnmal angefasst werden“, erklärt Oestreich. Außerdem sei es schwierig, der Kundschaft verständlich zu machen, warum sie 9.000 Dollar für eine Leistung bezahlen soll, die vorher nur 1.800 kostete und gleichzeitig trotz langer Buchungszeiten die Verschiffung nicht klappe.

Bahnen und Flugzeuge voll

Ausweichen auf Luftfracht oder die Schiene ist nur selten möglich. Bahnen und Transportflugzeuge seien auch voll, meint Sven Schoon, Geschäftsführender Gesellschafter von ETS Transport & Logistics.

„Wenn das so weiter geht, wird Konkurrenz entstehen“, orakelt Hellmers. Man müsse darüber nachdenken, selber ins Reedereigeschäft einzusteigen. Allerdings gibt es kaum Schiffe, die man chartern könnte.

Mitarbeiter gesucht

Laut Oestreich herrscht im Bereich der Speditionen Vollbeschäftigung. Viele Unternehmen suchen Mitarbeiter. Obwohl man technisch gut ausgerüstet sei, mache Homeoffice die Arbeit nicht leichter. Etwa 50 Prozent der kaufmännischen Angestellten arbeiteten derzeit von Zuhause aus.
Was bedeutet das am Ende für Verbraucher? Die werden sich auf steigende Preise für Waren aus Übersee einstellen müssen.

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