Zusammen mit einem Physiotherapeuten lernt Lagerist Thorsten (rechts), schwere Gewichte zu heben, so wie er es auch auf der Arbeit tun müsste. Foto: Neeland
Therapie

Reha am Schraubstock

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Wie die BG Ambulanz Bremen Kranken den Einstieg ins Arbeitsleben erleichtert.

Kurz vor Weihnachten hatte sich der Erzieher Michel Garbade in seiner Kita mit Corona infiziert – und leidet bis heute unter den Folgen. „Post-Covid ist nichts, was man sieht. Deswegen treffe ich häufig auf Unverständnis, wenn es mir schlecht geht“, sagt der 29-Jährige.

Da die Infizierung am Arbeitsplatz erfolgte, kann sich der Erzieher in der BG Ambulanz Bremen behandeln lassen, die Anlaufstelle nach Arbeits- und Wegeunfällen in der Hansestadt. Die BG Ambulanz hat ein neues Gebäude gebaut, das eine schnelle Wiedereingliederung in Beruf und Alltag ermöglichen soll. Auch die Post-Covid-Patienten werden hier behandelt.

Therapie nach Corona

„15 Prozent aller akut Erkrankten berichten auch zwölf Monate nach der Corona-Infektion über anhaltende Beschwerden wie Müdigkeit, Konzentrationsschwächen oder Körperschmerzen“ sagt Stefan Dalichau, Leiter der Sporttherapie in der BG Ambulanz Bremen. „Viele brauchen neben Ausdauertraining auch eine psychotherapeutische Behandlung, denn je länger die Erkrankung dauert, desto mehr belastet sie die Psyche“, sagt Dalichau. Ohne das neue Zentrum sei die Anfrage der Post-Covid-Patienten nicht zu bewältigen. „Wir haben gerade hier um die 40 Patienten in ambulanter Therapie, Tendenz steigend,“ sagt Dalichau.

Aber auch andere Berufsgruppen werden auf den neuen 1.700 Quadratmetern auf die Rückkehr ins Berufsleben vorbereitet. Der Lagerist Thorsten aus Schwanewede ist 2018 auf dem Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad gestürzt und hat sich einen komplexen Kniegelenkschaden zugezogen. Nach zwei Operationen ist er mittlerweile in der späten Reha-Phase angekommen.

An den Arbeitsalltag gewöhnen

„Als Lagerist stemmt er täglich bis zu 25 Kilogramm, muss in der Hocke arbeiten und heben. Diese Situation versuchen wir hier exakt nachzuempfinden“, erklärt Dalichau. Deshalb trainiere der Patient auch jeden Tag für zweieinhalb Stunden. „Wenn er wieder arbeiten geht, muss er schließlich auch jeden Tag so hart arbeiten. Wenn man davon zu erschöpft ist, ist man möglicherweise noch nicht bereit, ins Arbeitsleben zurückzukehren“, erklärt Dalichau.

Auch die Arbeitsplätze von Maurern, Dachdeckern oder Schweißern wurden nachempfunden. „Hier kann dann auch geschraubt, gepflastert oder gesägt werden“, erklärt Torsten Möller, Chefarzt bei der Bremer BG Ambulanz. „Wir füllen die Lücke zwischen Reha und Arbeitsplatz. Wer beispielsweise hockend arbeitet, aber sein Knie nicht beugen kann, lernt hier, mit Knie-Protektoren seiner Arbeit nachzugehen. So stimmen wir die Behandlung genau auf den einzelnen Patienten ab.“

Am Leben wieder teilnehmen

In das neue Gebäude wurden 12 Millionen Euro investiert und sechs neue Mitarbeiter aus verschiedenen Fachrichtungen eingestellt. „Wir versuchen“, sagt Dalichau, „mit allen geeigneten Mitteln, die Menschen am beruflichen und sozialen Leben wieder teilhaben zu lassen – egal wie lange es dauert.“

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