Um die Nachzahlungen bei den Heizkosten zu begleichen, müssen HLU-Empfangende in Vorleistung treten. Für viele ist dies kaum möglich. Symbolbild: WR-Archiv
Armut

Zum Leben bleibt kein Geld

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Die Nachzahlungen für Strom und Heizung treiben Menschen in die Verzweiflung

Seit Mitte Mai beklagen sich vor allem Empfänger staatlicher Transferleistungen darüber, dass nicht mehr genug Geld für den Lebensunterhalt auf dem Konto ist, nachdem die Nachzahlungen zu den Stromkosten und der neue Abschlag abgebucht wurde.

Und es kommt noch dicker: Passend zum Beginn der Ferien trudeln jetzt auch die Nachzahlungen und der neue Abschlag für die Heizkosten bei vielen Mietern ein.

Bei ihm hätten sich schon sieben Nachbarinnen aus seiner Wohnanlage gemeldet, die Transferleistungen beziehen und durch die Nachzahlungen finanzielle Probleme haben, berichtet Josef Teupe aus der Östlichen Vorstadt. Nach deren Bekunden hätten sie die Abrechnungen direkt nach dem Erhalt beim Amt eingereicht, dann aber wochenlang auf die Bescheide warten müssen.

Menschen treten in Vorleistung

Da das Geld zwischenzeitlich abgebucht wurde, müssen sie das aus ihrer laufenden HLU (Hilfe zum Lebensunterhalt) vorschießen. „So etwas dürfte natürlich nicht passieren, weil das Geld dann ja nicht mehr zum Leben reicht“, erklärt die parteilose Bürgerschaftsabgeordnete Meltem Sagiroglu.

Die Betroffenen berichten zum Teil von über sechs Wochen Wartezeit, bis die Bescheide gekommen.

Hohes Arbeitsaufkommen und Personalmangel

Dazu schreibt eine Mitarbeiterin der Behörde einer Hilfeempfängerin: „Ich kann nachvollziehen, dass die Bearbeitungszeiten des Amtes mitunter frustrierend sind. Eine längere Bearbeitungsdauer ist hier jedoch aufgrund des sehr hohen Arbeitsaufkommens und zusätzlichem Personalmangels keine Seltenheit und ganz bestimmt kein Einzelfall. Und ja, es kann vorkommen, dass Sie in Vorleistung gehen, oder bei der swb eine Fristverlängerung beantragen müssen. Sie können sich aber sicher sein, dass alle Kollegen stets darum bemüht sind, ihre Angelegenheiten so schnell wie möglich zu bearbeiten.“

Kosten für Strom im Regelsatz enthalten

Der Pressesprecher des Sozialressorts, Bernd Schneider, verweist dagegen auf normale Wartezeiten bei der Beantragung: „Mir sind keine Beschwerden bekannt“. Außerdem seien die Stromkosten bereits im Regelsatz enthalten. Deshalb müssen die Hilfeempfänger auch für etwaige Nachzahlungen Rücklagen bilden.

Sollte das nicht erfolgt sein, können die Betroffenen mit dem Stromanbieter eine Ratenzahlung vereinbaren. Sollte auch dies nicht möglich sein, kann die Nachzahlung in Ausnahmefällen und nur auf Kreditbasis vom Amt übernommen werden.

Umsetzung von Bundesrecht

Anders verhalte es sich, so Schneider, bei den Heizkostennachzahlungen, da dort die tatsächlichen Kosten gezahlt werden. Allerdings würde die Behörde bei hohen Mehrkosten sehr genau nach den Gründen schauen. Bei Nachzahlungen haben die Hilfeempfänger aber genug Zeit Anträge zu stellen, da die Nachforderungen zumeist erst im Monat nach der Fälligkeit gezahlt werden müssen.

Falls es zeitlich doch knapp werde, solle man seinen Sachbearbeiter aber um eine vorrangige Behandlung des Falls bitten, rät Schneider, der zudem darauf hinweist, dass es sich bei den Zahlungen nur um die Umsetzung von Bundesrecht handele.

Ein besonders drastischer Fall: Eine Alleinerziehende mit zwei Kindern erhält nach eigenen Angaben 900 Euro HLU. Kürzlich sei ihr aber eine Heizkosten-Restforderung von über 500 Euro ins Haus geflattert, plus dem neuen Abschlagsbetrag von über 100 Euro. Ist der Betrag erstmal vom Konto abgebucht, bleibt da kaum noch Geld für den Lebensunterhalt.

Und das passiert gerade zur Ferienzeit, wo die Kinder nicht mehr in Kindertagesstätte oder Schule mit Essen versorgt und weitere Mittel für Freizeitaktivitäten benötigt werden. „Damit die HLU-Haushalte nicht regelmäßig in eine finanzielle Notlage schlittern, sollten die Ämter den Bezahl-Modus ändern. Würde ein Monat überbezahlt, könnte er im nächsten Monat ja verrechnet werden. Und die Haushalte wären zumindest ein Stück weit entlastet“, findet Sagiroglu.

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