Lutz Oelsner ist Präsident der Unternehmensverbände im Lande Bremen und Aufsichtsrat des Bremer Armaturenherstellers Gestra. Foto: Schlie
Interview

„Der Norden wird attraktiver“

Von
Unternehmenspräsident Lutz Oelsner zu Konjunktur und Perspektiven Bremens.

Weser Report: Herr Oelsner, wie wirkt sich der Krieg in der Ukraine auf die Wirtschaft in Bremen aus?

Lutz Oelsner: Auf jeden Fall gravierend. Bremen hat im Vergleich zu anderen Bundesländern einen hohen Exportanteil, und wir haben eine rohstoffintensive Industrie. Manche Materialien sind nicht mehr zu bekommen oder nur noch zu einem stark gestiegenen Preis. Wir hatten ja schon während der Pandemie Lieferengpässe. Jetzt wird die Lage noch dramatischer.

Wie erfolgreich sind die betroffenen Unternehmen bei der Suche nach anderen Zulieferern?

Viele Unternehmen befinden sich noch in der Schockstarre. Natürlich werden sie nach Alternativen suchen. Dabei ist die Wirtschaft erstaunlich gut aus der Pandemie gekommen.

Was bedeutet das jetzt für die Konjunktur?

Ich befürchte, dass es zu einer Krise kommen wird. Wie tief sie werden wird und wie lange sie dauern wird, hängt von der Dauer des Krieges ab. Aber ein Großteil der Unternehmen hat schon die Gewinnerwartungen gesenkt. Ich hoffe, dass der Bund mit der in der Pandemie begonnen Strategie fortfährt und die Wirtschaft unterstützt sowie die Regelung für die Kurzarbeit entsprechend verlängert.

In der Chemieindustrie hat die Tarifrunde für höhere Löhne schon begonnen, in der Metall- und Elektroindustrie fängt sie spätestens im Spätsommer an. Was erwarten sie von den Verhandlungen?

Das kann man noch gar nicht absehen. Umsätze und Gewinne der Unternehmen gehen nach unten. Auf der anderen Seite steigen die Verbraucherpreise. Auch Lebensmittelhändler haben schon Preiserhöhungen angekündigt.

Sollten Gewerkschaften und Arbeitgeber die Tarifverhandlungen verschieben, wie sie es schon einmal während der Corona-Pandemie gemacht haben?

Das wäre eine Möglichkeit, oder sie schließen einen Vertrag mit einer sehr kurzen Laufzeit.

Ein großes Thema ist der ökologische Umbau der Wirtschaft. Wie weit sind die Unternehmen in Bremen?

Wir haben sehr gute Voraussetzungen. Das Meer ist nahe, wir haben sehr viel Wind. Das ergibt gute Chancen für den Bau von Windparks und die Erzeugung von grünem Wasserstoff. Für die Indus­trie wird der Norden dadurch deutlich attraktiver als in der Vergangenheit. Wir sind in einer guten Position; jetzt müssen wir daraus etwas machen.

Unterstützt der Senat die Unternehmen beim ökologischen Umbau ausreichend?

Ich denk schon. Auch der Abschlussbericht der Enquete-Kommission der Bürgerschaft zum Klimawandel enthält sehr sinnvolle Vorschläge. Jetzt muss man sie umsetzen. Das ist schwieriger, als sie aufzuschreiben.

Die Kosten für die von der Kommission vorgeschlagenen Aktionen betragen 6 bis 7 Milliarden Euro. Woher soll das Geld kommen?

Durch einen Fonds, an dem sich viele Leute beteiligen können. Für die Idee gibt es schon jetzt viele Anhänger.

Wie ist nach drei Jahren rot-grün-roter Koalition das Verhältnis zu den Unternehmen?

Sehr gut. Wir arbeiten konstruktiv zusammen, insbesondere mit der Wirtschaftssenatorin. Allerdings gibt es immer noch keinen Gewerbeflächen-Entwicklungsplan. Das ist für die Ansiedlung größerer Unternehmen eine Katastrophe.

Wie kommt Bremen von der seit Jahren hohen Arbeitslosenquote weg?

Wir müssen noch intensiver zusammenarbeiten, uns noch intensiver um die Brennpunkte in der Stadt kümmern. Und den jungen Menschen müssen wir noch mehr Orientierung bei der Berufswahl geben. Die Berufsparcours müssen wir ausweiten, dort können Schüler und Unternehmen aus allen Branchen zusammenkommen. Da können die jungen Leute herausfinden, welche Arbeit ihnen Spaß macht.

Wir attraktiv ist denn für auswärtige Fachkräfte ein Umzug nach Bremen?

Ich habe viele Fachkräfte und Führungskräfte nach Bremen geholt. Unisono sagten sie nach kurzer Zeit, der Wechsel nach Bremen sei die beste Entscheidung gewesen. Bremen bietet sehr viel Lebensqualität. Wir Bremer neigen immer ein bisschen dazu, die Dinge hier schlecht zu reden, allerdings nur weil wir noch besser werden wollen.

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