Bis Oktober noch Intendant und Geschäftsführer der Bremer Philharmoniker: Christian Kötter-Lixfeld. Sein Nachfolger wurde noch nicht benannt. Foto: Philharmoniker Bis Oktober noch Intendant und Geschäftsführer der Bremer Philharmoniker: Christian Kötter-Lixfeld. Sein Nachfolger wurde noch nicht benannt. Foto: Philharmoniker
Interview

„Wir sind kein Museum“

Von
Philharmoniker-Intendant Christian Kötter-Lixfeld über Hemmschwellen und Abschied

Weser Report: Herr Kötter-Lixfeld, Sie verlassen Anfang Oktober nach 20 Jahren die Bremer Philharmoniker. Warum?

Christian Kötter-Lixfeld: Einerseits möchte ich diesen Klangkörper, der mir über die ganzen Jahre ans Herz gewachsen ist, nicht verlassen. Auf der anderen Seite reizt mich nach so langer Zeit aber auch eine neue Herausforderung. Und das Angebot aus Herford ist ein sehr interessantes Projekt. Dort gilt es, für ein Orchester und ein Theater ein gemeinsames Zuhause zu schaffen. Da kann ich nach der Eröffnung des Tabakquartiers hier in Bremen bestimmt ein paar Erfahrungen einbringen.

Sie sind einer der langjährigsten Intendanten eines deutschen Orchesters…

Das ist sicherlich ungewöhnlich, hat sich aber einfach so ergeben.

Was haben Sie in den Jahren hier an Ideen umgesetzt?

Ich habe es als meine Aufgabe empfunden, die Musik in die Gegenwart zu bringen. Wir sind kein Museum, wo man eine bestimmte Sache einfach nur aus dem Kasten holt. Wichtig war mir immer, die Zielgruppe zu erweitern. Also nicht nur das typische Klassik-Publikum zu erreichen, sondern mit verschiedenen Formaten – wie den 5nachsechs-Konzerten, den einstündigen Angeboten oder dem Programmmix – den Weg zu möglichst vielen Menschen zu finden.

Die Hemmschwelle abbauen, das geht über Orte und Formate. Wir gehen in die Schulen, spielen auf der Straße, sogar in der Straßenbahn waren wir schon. Wichtig ist, zu vermitteln: Man muss keine zehnbändige Enzyklopädie gelesen haben, um sich einfach mal in ein Konzert zu setzen.

Haben Sie das Gefühl, hier alles erreicht zu haben?

Ich habe vor allem ein Gefühl von Genugtuung und Zufriedenheit. Letztlich gibt es nie den richtigen Zeitpunkt zu gehen. Aber in den vergangenen Jahren haben wir die Marke Bremer Philharmoniker gut aufgebaut. Das Orchester wurde von Bürgern dieser Stadt gegründet. Daraus ergab sich mein Anspruch, es für möglichst viele Menschen erlebbar zu machen. Inzwischen haben wir eine stabile Basis. Und zusammen mit dem Umzug ins Tabakquartier ist das jetzt eine runde Sache.

Welche Rückschläge mussten Sie hinnehmen?

Ab und zu muss man sich auch selber hinterfragen. Zum Beispiel, wenn programmatische Ideen beim Publikum einfach nicht gezündet haben. Kunst ist ja nicht ausschließlich zum Erfolg verdammt, sondern muss gelegentlich auch scheitern dürfen.

Was nehmen Sie mit?

Vor allem Geduld und die Erkenntnis, wie wichtig Kommunikation ist. Man muss Entscheidungen schon unheimlich gut vorbereiten, Überzeugungsarbeit leisten. Das ist in dieser rasanten Welt nicht einfach. Der Anspruch und Motor, den ich mitnehme, ist das, was ich tue, jeden Tag zu hinterfragen. Zumal wir ja auch mit öffentlichen Geldern arbeiten. Dieser Verantwortung muss man sich stellen.

Was werden Sie vermissen?

Ich verdanke der Stadt viel, sie hat mich sehr geprägt. Bremen hat immer eine unglaubliche Offenheit für unsere Vorschläge gezeigt, ich konnte viel ausprobieren. Diese Verlässlichkeit, auch politisch, habe ich sehr geschätzt.

Was geben Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg geben?

Nein, jeder muss seine Erfahrungen selber machen. Denn jeder wird das, was er hier sieht, anders bewerten.

Bleiben Sie Bremen denn wenigstens als Hochschuldozent erhalten?

Die Hochschule stellt leider den Studiengang ein, an dem ich 16 Jahre gelehrt habe. Insofern ist auch dort jetzt ebenfalls Schluss.

Konzert

Beim 1. Philharmonischen Konzert wird sich Christan Kötter-Lixfeld als Intendant der Philharmoniker vom Bremer Publikum verabschieden: Das „Spiel der Elemente“ wird am 2. Oktober 2022, 11 Uhr, am 3. Oktober 2022 19.30 Uhr und am 4. Oktober 2022, 19.30 Uhr, in der Glocke aufgeführt.

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