Heimfrost-Inhaber Jörg Schuda (rechts) führte die FDP-Politiker Bijan Djir-Sarai, Murat Kalmis und Christian Dürr (von links) unter anderem durch die Produktionshalle. Foto: Konczak
Betriebsbesuch

Neu ist nicht automatisch besser

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FDP-Besuch bei Heimfrost: Warum Energieeinsparungen nicht einfach umzusetzen sind.

Bäckereien, Stahlproduzenten, Papierhersteller – bei der Debatte über die Folgen der Energiekostenerhöhung für Unternehmen denkt man leicht an solche Betriebe, die viel Gas verfeuern. Der Delmenhorster Tiefkühlkost-Händler Heimfrost verbraucht nur wenig Gas. Kleiner als in „heißen“ Branchen sind die Sorgen von Inhaber Jörg Schuda und seinem Team deshalb nicht. Statt Gas verbraucht das Unternehmen große Mengen Strom, um seine Kühlhäuser zu betreiben und die Aggregate der Lieferfahrzeuge zu laden. „Die Kilowattstunden liegen im sechsstelligen Bereich“, verrät Schuda – wohlgemerkt im Monat.

Höhere Verbräuche durch neue Kühlmittel

„Es hängt alles an den Energiekosten. Die Umsätze sinken bei steigenden Kosten“, unterstreicht Heimfrost-Prokurist Swen Kruse. Es bleibe nicht mehr viel Zeit, um umzusteuern. Nahezu unmöglich sei es, kurzfristig in sparsamere Anlagen zu investieren. „Es dauert 20 bis 30 Jahre, bis die sich amortisieren“, rechnete Schuda vor. Man habe erst vor wenigen Jahren investiert. Auch seien neue Anlagen nicht zwangsläufig ernergiesparender. So würden neue Kühlaggregate mit CO2 betrieben. Das sei aber als Kühlmittel nicht so effektiv wie zuvor verwendete Stoffe. Deshalb verbrauchen diese scheinbar umweltschonenderen Anlagen deutlich mehr Energie als andere.

Hochrangig besetzte FDP-Delegation

Geschildert haben die beiden Manager ihre Sorgen einer hochrangig besetzten Delegation der FDP. Neben Landtagskandidat Murat Kalmis hörten unter anderem auch Christian Dürr, in Ganderkesee beheimateter Fraktionsvorsitzender der FDP im Bundestag, und FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai aufmerksam zu.

Die Energiepolitik, verbunden mit hohen Energiepreisen, ist aus Sicht von Schuda nicht das einzige politische Ärgernis. Auch an Arbeitsmarktvorschriften und anderen bürokratischen Hemmnissen übte er Kritik. Bürgergeld und Mindestlohnerhöhung seien falsche Signale. „Die Politik meint, alles lösen zu müssen. Dabei könnte man vieles den Unternehmen überlassen“, meint er.

Strompreise nicht akzeptabel

„Sie hören sich an wie ein FDP-Politiker“, bescheinigte ihm Dürr lachend. „Die Strompreise sind nicht akzeptabel. Für niemanden“, stimmte Dürr zu. „Habeck muss eine Strompreisbremse einrichten“, forderte er. „Das Design des Marktes muss geändert werden. Das Angebot zusätzlich zu verknappen war nicht klug“, spielte Dürr auf die Debatte um die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke an. Das als Hartz-IV-Nachfolge beschlossene Bürgergeld verteidigte Dürr. Man habe die Hinzuverdienstgrenzen angehoben, um zusätzliche Anreize zu schaffen, Arbeit aufzunehmen. Auch die Einwanderung von Fachkräften in den Arbeitsmarkt werde erleichtert. „Sanktionsmöglichkeiten werden wieder eingerichtet“, betonte Djir-Sarai.

Stichwort: Heimfrost

Heimfrost wurde 1978 in Delmenhorst von Hans-Werner Schumacher gegründet, dessen Vater Hans ab 1958 zunächst Botterbloom-Eis vertrieb und später Tiefkühltruhen verlieh und auch erste Tiefkühlkostprodukte verkaufte. 1998 zog sich Familie Schumacher aus dem Geschäft zurück und verkaufte das Unternehmen an die Firma Schöller, wodurch es kurze Zeit später Teil des Nestlé-Konzerns wurde. 2004 kauften Jörg Schuda und zwei weitere Heimfrost-Manager das Unternehmen, um es vor der drohenden Schließung zu retten. Seit 2010 ist Schuda alleiniger Inhaber. Das Unternehmen hat einen Jahresumsatz von rund 16 Millionen Euro und beschäftigt bundesweit etwa 140 Mitarbeiter, davon 60 am Standort Delmenhorst. Das Werk an der Steller Straße ist der einzige Produktionsstandort. Dort werden einerseits Tiefkühlprodukte in haushaltstaugliche Mengen verpackt, andererseits aber auch Pfannengerichte und Komplettmenüs hergestellt.

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