Die Anzahl der neu abgeschlossenen Lehrverträge ist in einigen Branchen stark rückläufig. Foto: Pixabay
Nachwuchs

Fast überall weniger Lehrlinge

Von
Die Branchen entwickeln sich sehr unterschiedlich / Berufsberatung unterstützt

„An unserem klassischen Stichtag, dem 30. September, waren in diesem Jahr noch 765 Ausbildungsstellen als unbesetzt gemeldet“, berichtet Dr. Thorsten Müller, Leiter der für Delmenhorst zuständigen Agentur für Arbeit Oldenburg-Wilhelmshaven. Den offenen Lehrstellen stehen 277 unversorgte Bewerber gegenüber.

Der Agenturchef wirbt dafür, bereits jetzt an einen Ausbildungsvertrag für 2023 zu denken: „Wer die Möglichkeit hat, beginnt am besten noch in diesem Jahr mit der Suche und nimmt Kontakt mit Arbeitgebern sowie den Berufsberatern auf“.

2.490 Jugendliche haben sich für  handwerkliche Ausbildung entschieden

Im Bezirk der Handwerkskammer Oldenburg starteten bis Ende Oktober 2.490 Jugendliche eine Lehre im Handwerk. „Wir freuen uns über jeden Lehrvertrag“, versichert Kai Vensler, Geschäftsbereichsleiter Berufsbildung. Während es bei den Fahrzeuglackierern und den Anlagenmechanikern für Sanitär- Heizungs- und Klimatechnik einen Zuwachs bei interessierten Jugendlichen gab, bewarben sich deutlich weniger Schüler auf eine Lehre als Metallbauer und Kraftfahrzeugmechatroniker.

„Jeder Betrieb und auch die Gesellschaft ist auf qualifizierten Fachkräftenachwuchs angewiesen, doch die Bewerberinnen und Bewerber bleiben aus“, bedauert Vensler. Einer der Gründe könnte das veraltete Bild von Handwerksberufen sein, das viele Jugendliche, aber auch deren Eltern haben. Das neue Projekt „#einfachmachen – Berufsorientierung geht auch digital“ soll beim Abbau von möglichen Vorurteilen helfen. „Wir konnten fünf Auszubildende gewinnen, die Schülerinnen und Schüler per Instagram und Facebook auf die Baustelle, in die Werkstatt oder zum Kundentermin mitnehmen. Wir erhoffen uns dadurch, dass klar wird, wie wichtig und erfüllend das Arbeiten im Handwerk ist“, sagt Vensler.

Die IHK meldet 428 Verträge weniger als 2021

Die Oldenburgische Industrie- und Handelskammer (IHK) verzeichnet aktuell insgesamt 3.417 neue Ausbildungsverträge für das Oldenburger Land. Das sind 428 Verträge weniger als im Vorjahr. Die Branchen entwickeln sich sehr unterschiedlich: In Berufen der Elektronik registrierte die IHK ein Plus von 5,5 Prozent, der Industrie ein Plus von 1,5 Prozent sowie im Metallbereich ein Minus von 2,6 Prozent. Vor allem im Handel fehlen Bewerber.

Möglicherweise ändere sich dieser Eindruck noch. „Aufgrund eines Cyberangriffs konnten viele Verträge nicht wie üblich über ein IHK-Online-Portal abgewickelt werden“, erläutert Stefan Bünting, Leiter des Geschäftsbereichs Ausbildung und Weiterbildung bei der IHK.

Die Landwirtschaft verzeichnet 1.860 Auszubildende

Im Trend liegen die sogenannten grünen Berufe. Das teilt die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) mit. Rund 5.400 neue Lehrlinge gibt es. In der Landwirtschaft gibt es 1.860 neue Azubis. Ähnlich gefragt ist der Beruf Gärtner mit 1.700 Anfängern. „Die Chancen auf eine Übernahme im erlernten Beruf sind sehr gut“, sagt Rudolf Fuchs, Leiter des LWK-Fachbereichs Aus- und Fortbildung. Kritischer sind allerdings die Ausbildungszahlen in der Hauswirtschaft zu sehen. Der Rückgang der Bewerber könne damit zusammenhängen, dass viele Ausbildungsbetriebe wie Seniorenheime oder Tagungshäuser von der Pandemiesituation betroffen waren und sind.

Die individuellen Interessen und Fähigkeiten kennenlernen

Und dann passen Berufswunsch und Stelle nicht immer ideal zusammen. Manchmal ist der Betrieb nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Manchmal passen die eigenen Fähigkeiten nicht gut zum Wunschberuf. „Wir raten den zukünftigen Schulabgängern, zum Beispiel im Rahmen eines Praktikums mehrere Berufe und Betriebe kennenzulernen“, sagt Thorsten Müller von der Arbeitsagentur. Unterstützung gibt es bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit.

Im Internet findet man unter arbeitsagentur.de im Bereich Schule, Ausbildung, Studium das Selbsterkundungstool CheckU. Mit Hilfe eines kostenlosen Tests kann man herausfinden, welche Ausbildung oder welches Studium zu den eigenen Stärken und Interessen passt.

Bei Bedarf kann den Heranwachsenden vor und während der Ausbildung auch ein Ausbildungsexperte zur Seite gestellt werden. Sie oder er organisiert zum Beispiel Nachhilfestunden oder hilft dem Azubi dabei, Probleme im Betrieb zu lösen. Hierbei handelt es sich um ein kostenloses Angebot der Arbeitsagentur namens „Assistierte Ausbildung“.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren...

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner