Die Verbraucher stellen derzeit sämtliche Ausgaben auf den Prüfstand – auch die für Versicherungen. Foto: Clipdealer
Lesertelefon

Versicherungen auf dem Prüfstand

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Ob und wie sich beim Versicherungsschutz Geld sparen lässt, dazu informierten Experten am Lesertelefon.

Angesichts der hohen Kosten für Energie und Lebenshaltung stellen Verbraucherinnen und Verbraucher derzeit sämtliche Ausgaben auf den Prüfstand – auch die für Versicherungen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts gaben Privathaushalte im Jahr 2019 durchschnittlich rund 1.500 Euro für Versicherungen aus. Beiträge zu kapitalbildenden Lebensversicherungen und privaten Rentenversicherungen sind dabei noch gar nicht berücksichtigt. Je nach Einkommen und Versicherungsschutz besteht also durchaus Einsparpotenzial, doch wer vorschnell kündigt, verliert unter Umständen nicht nur den Versicherungsschutz, sondern auch viel Geld. Ob und wie sich beim Versicherungsschutz sparen lässt, dazu informierten Experten des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) am Lesertelefon.

Die Experten am Telefon:

Gerald Archangeli; Vizepräsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK)

Gerald Archangeli; Vizepräsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK)

Alexander Wild; Versicherungsfachmann, Vorsitzender des BVK-Bezirksverbands Kassel

Alexander Wild; Versicherungsfachmann, Vorsitzender des BVK-Bezirksverbands Kassel

Ingo Aulbach; Versicherungsfachmann, Sprecher des BVK-Bezirksverbands Essen, Mühlheim an der Ruhr, Oberhausen

Ingo Aulbach; Versicherungsfachmann, Sprecher des BVK-Bezirksverbands Essen, Mühlheim an der Ruhr, Oberhausen

Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:

Wie kann ich mit einem Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung sparen?

Gerald Archangeli: Zum Beispiel, indem Sie bestimmte Premiumleistungen abwählen wie Chefarztbehandlung, Einbettzimmer im Krankenhaus, Therapieformen wie Homöopathie oder eine vereinbarte Beitragsrückerstattung bei Nichtinanspruchnahme der Versicherung. Allerdings bedeutet das im Krankheitsfall den Wegfall bestimmter Leistungen oder höhere Kosten für Sie. Eine weitere Möglichkeit ist der Wechsel in den Basistarif, der in etwa den Leistungen der Gesetzlichen Krankenkassen entspricht. Wer finanziell in der Klemme ist, kann den Notlagentarif wählen. Dann kommt die Krankenversicherung ausschließlich im Notfall für eine medizinische Leistung auf.

Ich zahle einen Risikozuschlag für meine PKV, bin aber seit langer Zeit beschwerdefrei. Kann der Zuschlag wegfallen?

Gerald Archangeli: Das hängt vor allem vom Grund für den Risikozuschlag ab. In manchen Fällen, zum Beispiel bei einer erfolgreich therapierten Depression, kann ein Risikozuschlag entfallen. Ist das Risiko einer erneuten Erkrankung jedoch weiterhin erhöht, bleibt der Versicherungsschutz an den Risikozuschlag gebunden. Es kommt hier immer auf die Prüfung im Einzelfall an.

Welche Möglichkeiten habe ich noch, bei der PKV zu sparen?

Gerald Archangeli: Sie können beispielsweise Ihre Selbstbeteiligung erhöhen, Zahnersatzleistungen einschränken und die Beitragsfreistellung während der Elternzeit abwählen. Auch die Begrenzung des Erstattungsfaktors bis zum 2,3-fachen der ärztlichen Gebührenordnung kann zu Ersparnissen bei Ihrem Versicherungstarif führen. Außerdem können Sie in Ihren PKV-Vertrag das günstigere Hausarztprinzip aufnehmen, wonach bei Erkrankungen zunächst der Hausarzt anstelle der teureren Fachärzte zu konsultieren ist.

Welche Einsparmöglichkeiten habe ich bei der Kfz-Versicherung?

Ingo Aulbach: Da gibt es einige Stellschrauben: Sie können eine höhere Selbstbeteiligung wählen, einen Werkstattservice mit Ihrer Kfz-Versicherung vereinbaren, den Fahrerkreis einschränken oder – wenn das Auto schon älter ist – von der Vollkasko in die Teilkasko wechseln. Falls Sie in diesem Jahr einen Unfall mit einem geringwertigen Schaden hatten, können Sie mit Ihrem Versicherungsvertreter sprechen, ob Sie der Versicherung den Schaden bezahlen. Ein solcher Schadenrückkauf kann verhindern, dass Sie in der Schadenfreiheitsklasse hochgestuft werden. Über mehrere Jahre können hier durchaus Mehrkosten von bis zu 3.000 Euro zusammen kommen. Auch der Wechsel in einen Telematiktarif kann die Prämie senken. Dabei wird laufend Ihre Fahrweise überprüft und ein regelkonformer und vorsichtiger Fahrstil mit Prämiennachlässen belohnt.

Worauf muss ich bei einem Anbieterwechsel achten?

Ingo Aulbach: Achten Sie darauf, identische Tarifmerkmale zu vergleichen, damit Sie nicht versehentlich in einen leistungsschwächeren Tarif wechseln. Berücksichtigen Sie beim Anbieterwechsel zudem unbedingt das Serviceangebot des Kfz-Versicherers und das Vorhandensein eines direkten Ansprechpartners. Oftmals lohnt es sich auch, den bisherigen Versicherer nach einem Angebot zu fragen, bevor Sie wechseln.

Gibt es eine Faustregel, wann sich ein Teilkasko- oder eher ein Vollkasko-Schutz lohnt?

Ingo Aulbach: Bei einem Fahrzeugalter von bis zu vier Jahren sollte man eine Vollkasko-Versicherung haben, ebenso wenn das Fahrzeug fremdfinanziert ist. Bei älteren Autos reicht der Abschluss einer günstigeren Teilkaskoversicherung aus, die Eigenschäden im Fall von Sturm, Diebstahl, Wildunfall und Vandalismus übernimmt. Lassen Sie sich die Differenz zwischen Voll- und Teilkasko von Ihrem betreuenden Versicherungsfachmann genau ausrechnen, um die Ersparnis einschätzen zu können.

Für Fahranfänger ist die Kfz-Versicherung sehr teuer. Wie kann ich da sparen?

Ingo Aulbach: Das fängt schon bei der Auswahl des Autos an, denn Kfz-Versicherungstarife werden auch nach der sogenannten Typklasse kalkuliert, eine Art Schaden-Risikoprofil eines bestimmten Modells. Autotypen, die häufiger in Unfälle verwickelt oder ein beliebtes Ziel von Autodieben sind, werden mit hohen Typklassen versichert, kosten also viel. Mehr Informationen dazu finden Sie auf der Website der Deutschen Versicherer unter gdv.de. Fahranfänger können ihr Fahrzeug zudem als Zweitauto der Eltern anmelden und deren in der Regel günstigeren Schadenfreiheitsrabatt nutzen.

Die Kosten für meine Berufsunfähigkeitsversicherung sind sehr hoch. Ich überlege jetzt, die Versicherung zu kündigen…

Alexander Wild: Vor allem zwei Gründe sprechen dagegen: Erstens gehört die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) neben der Privathaftpflichtversicherung zu den elementaren Versicherungen – schließlich sichert die eigene Berufstätigkeit Ihre Existenz, die Sie wiederum mit der BU absichern. Eine Berufsunfähigkeit tritt immerhin bei rund einem Viertel der Beschäftigten im Laufe ihres Erwerbslebens ein. Wer seine BU kündigt und dann berufsunfähig wird, riskiert es, zum Sozialfall zu werden. Zweitens haben Sie Ihre BU vermutlich vor einiger Zeit vor dem Hintergrund Ihrer damaligen gesundheitlichen Risiken abgeschlossen. Im Laufe der Zeit verändern sich diese Risiken. Würden Sie jetzt Ihre BU-Versicherung kündigen und sich später erneut versichern, würden die Prämien deutlich teurer, weil der Versicherer eine erneute Risikoeinschätzung durchführt.

Kann ich eine Berufsunfähigkeitsversicherung vorübergehend ruhen lassen, um Beiträge zu sparen?

Alexander Wild: Nein, aber Sie können in der Regel zum Schluss einer Versicherungsperiode Ihrem Versicherer mitteilen, dass Sie ganz oder teilweise von der Pflicht zur Beitragszahlung befreit werden wollen. Dann wird aber auch Ihre vereinbarte BU-Rente ganz oder teilweise herabgesetzt.

Ich zahle noch in einen alten Lebensversicherungsvertrag mit Garantieverzinsung ein und überlege, den Vertrag zu kündigen. Was muss ich beachten?

Alexander Wild: Wer einen gut verzinsten älteren Lebensversicherungsvertrag vorschnell kündigt, verliert die Überschussbeteiligung und den sogenannten Schlussüberschuss. Es gibt bessere Lösungen: Erstens können Sie den Vertrag bei einem finanziellen Engpass vorübergehend beitragsfrei stellen lassen. So profitieren Sie weiterhin von den hohen Garantiezinsen. Einige Versicherer bieten auch Beitragsstundungen an – dann können Sie die Versicherungsprämien später nachzahlen. Wenn Sie unbedingt Geld aus der LV benötigen, können Sie zweitens beim Versicherer beantragen, die LV zu beleihen. Vorteil: Der LV-Vertrag läuft mit den vereinbarten Konditionen weiter. Drittens können Sie Ihren LV-Vertrag im Zweitmarkt verkaufen. Hierbei würde Ihnen ein Aufkäufer eine vereinbarte Summe auszahlen, Ihren LV-Vertrag bis zum Ende weiterlaufen lassen und selbst die Schlussüberschüsse kassieren. Achten Sie darauf, dass die Summe auf einen Schlag ausgezahlt wird, und nicht in Raten. Schließlich kann der Aufkäufer im Laufe der Zeit in die Insolvenz gehen. Wichtig: Bevor Sie vorschnell einen attraktiven LV-Vertrag kündigen, lassen Sie sich auf jeden Fall von Ihrem Versicherungsvermittler oder Versicherer alle Optionen durchrechnen.

Ich bin selbstständig und aktuell in einem Liquiditätsengpass. Kann ich meine private Altersvorsorge ruhen lassen?

Ingo Aulbach: Das kommt ganz auf den Vertrag an, den Sie abgeschlossen haben. Eine Basis-Rentenversicherung, wie sie von vielen Selbstständigen genutzt wird, lässt sich beitragsfrei stellen. Dann müssen Sie nicht weiter in den Vertrag einzahlen, aber Ihre private Altersvorsorge wird später geringer ausfallen. Im Gegensatz zur klassischen Lebensversicherung sind Basisrentenversicherungen so konzipiert, dass sie nicht gekündigt und beliehen werden können. Auch bei einem Liquiditätsengpass ist Ihr Versicherungsvermittler ein geeigneter Ansprechpartner.

Kann man auch bei der Privathaftpflichtversicherung sparen?

Alexander Wild: Bei Versicherungskosten von jährlich 80 bis 150 Euro ist das Einsparpotenzial bei der Privathaftpflichtversicherung (PHV) im Vergleich zu den Verträgen der Altersvorsorge eher gering. Wenn Sie mit einem Partner oder einer Partnerin zusammenleben oder verheiratet sind, können Sie eine PHV gemeinsam nutzen, zum Beispiel im Familientarif. Achten Sie aber darauf, dass die Versicherungsleistungen nicht zu gering vereinbart werden. Als Mindestschadenssumme bei Personen- und Sachschäden sollten pauschal zehn Millionen Euro, besser jedoch 50 Millionen Euro vereinbart werden. Lassen Sie sich dazu von Ihrem Versicherungsvermittler beraten und prüfen Sie, ob Sie Vertragsvarianten wie eine Ausfalldeckung oder den Verlust von Hausschlüsseln ebenfalls mitversichern möchten.

Was muss ich bei der Hausratversicherung beachten, damit sie nicht zu teuer wird?

Gerald Archangeli: Prüfen Sie, ob Sie Schadensdeckungen zum Beispiel für Stromausfall, Überspannungsschäden, Fahrraddiebstahl tatsächlich benötigen. Durch die Abwahl von einzelnen Tarifoptionen können Sie Ihre Versicherungsprämien senken.

Ist eine Reiserücktrittsversicherung sinnvoll?

Ingo Aulbach: Sie kann sinnvoll sein, wenn es um teure, lange im Voraus gebuchte Reisen geht oder ein Risiko besteht, vor der Reise unerwartet krank zu werden oder sogar die Reise wegen eines Notfalls daheim abbrechen zu müssen. Im Gegensatz zur Auslandskrankenversicherung zählt die Reiserücktrittsversicherung aber nicht zu einem existenziellen Versicherungsschutz auf Reisen. Verzichtbar sind meist Reise-Rundum-Sorglospakete, da die darin angebotenen Risiken wie Reise-Haftpflicht oder Reise-Rechtsschutz bereits über die normalen Policen versichert sind.

Wann kann ich einen laufenden Versicherungsvertrag kündigen? Worauf muss ich dabei achten?

Alexander Wild: Die meisten privaten Versicherungsverträge sind zum Ablauf einer Versicherungsperiode kündbar oder beim Wegfall der versicherten Sache, also zum Beispiel wenn Sie Ihr Auto abschaffen. Achten Sie auf jeden Fall darauf, die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist einzuhalten. Ein Sonderkündigungsrecht haben Sie in der Regel, wenn der Versicherer die Prämien erhöht, zum Beispiel bei der Kfz-Versicherung. Grundsätzlich können jedoch nicht alle Versicherungen gekündigt werden. Basisrentenverträge sind nicht mehr kündbar, sie können nur ruhend gestellt werden.

 

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