Mit einem Foto vom Hochwasser an der Weser unterstrich Bremens Finanzsenator Dietmar Strehl (2.v.l.) die Bedeutung des Klimaschutzes für Bremen. Neben ihm Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (links), Bürgermeister Andreas Bovenschulte und Klimaschutzsenatorin Maike Schaefer (rechts). Foto: Lürssen
Nachtragshaushalt

Senat will drei Milliarden zur Krisenbewältigung

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Obwohl Bremen mit einem Steuerplus von 500 Millionen Euro rechnet, sollen neue Kredite aufgenommen werden.

Zur Investition in den Klimaschutz und zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen des Kriegs in der Ukraine will der Bremer Senat bis zu drei Milliarden Euro ausgeben. Nicht auf einmal, sondern schrittweise bis 2027. Um nicht jedes Jahr neu darüber verhandeln zu müssen, soll über einen Nachtragshaushalts für 2023 durch die Bürgerschaft eine Kreditermächtigung beschlossen werden. Der Senat hat die Vorlage abgesegnet. Nun ist die Bürgerschaft am Zug. Sie soll bis März entscheiden.

Im normalen Haushalt nicht zu bewältigen

Die notwendigen Investitionen wären im Rahmen des normalen Haushalts nicht zu bewältigen, meint Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD). Dabei prognostiziert die jüngste Steuerschätzung für Bremen Mehreinnahmen in Höhe von 500 Millionen Euro gegenüber der Schätzung, die Grundlage für die Aufstellung des Haushalts 2023 war.

„Wer angesichts der gegenwärtigen Krisen auf die notwendigen Zukunftsinvestitionen verzichtet, der gefährdet nicht nur den industriellen Kern, sondern auch die Zukunft unseres Bundeslandes. Wir stemmen uns den Krisen entschlossen entgegen und machen Bremen und Bremerhaven fit für die Zukunft“, sagt Bovenschulte.

2,5 Milliarden sind für die Bewältigung der Klimakrise vorgesehen, weitere 500 Millionen sollen eingesetzt werden, um Folgen der durch den russischen Angriff auf die Ukraine verursachten Energiekrise abzumildern. Das Geld soll insbesondere da eingesetzt werden, wo die Hilfen des Bundes nicht ausreichen. Etwa für kleine und mittelständische Unternehmen.

Weg ist umstritten

Der Weg, den Bremen einschlägt, ist umstritten. Eigentlich verbieten Artikel 109 des Grundgesetzes und Artikel 131a der Bremer Landesverfassung die Aufnahme neuer Schulden. Der Senat beruft sich deshalb auf Ausnahmetatbestände, die in den Gesetzen genannt werden, etwa für den Fall von Naturkatastrophen.

Die entscheidende Frage dabei ist, ob durch die globale Klimakrise in Verbindung mit der akuten Energiekrise eine Notsituation im Sinne der Verfassungsvorgaben gegeben ist. Um sich abzusichern hat der Senat ein Gutachten bei Verfassungsrechtler Joachim Wieland von der Universität Speyer in Auftrag gegeben. Dieses liegt bisher als Vorgutachten vor. Wieland kommt darin zum Ergebnis, dass die Vorgaben des Grundgesetzes erfüllt werden. Die Notsituation sei außergewöhnlich, der Eintritt entziehe sich der Kontrolle des Staates und die Beeinträchtigung des Haushalts sei erheblich.

CDU erwägt Klage

Die Bremer CDU sieht das bislang anders und will das Vorhaben rechtlich überprüfen lassen. Sollte sie in ihrer Auffassung bestätigt werden, hat die Partei Klage vor dem Staatsgerichtshof angekündigt. „Nur vier Wochen nach der Einstufung als Haushaltsnotlageland durch den Stabilitätsrat mutet Rot-Grün-Rot dem Steuerzahler neue Milliarden-Schulden zu. Und das auf völlig wackeliger rechtlicher Grundlage“, kritisiert CDU-Haushaltsexperte Jens Eckhoff.

„Das Linksbündnis begibt sich auf immer dünneres Eis, wenn selbst der Finanzsenator nur noch ein vorläufiges Zwischengutachten als rechtliche Basis nimmt, um diesen Verschuldungshaushalt im Senat zur Abstimmung zu bringen. Dabei wäre diese uferlose Verschuldungspolitik gar nicht nötig. Steuermehreinnahmen in Höhe von 500 Millionen Euro und eine allgemeine Rücklage von über 600 Millionen Euro bieten derzeit erhebliche Handlungsspielräume. Auch die Klimaschutzmaßnahmen in diesem Jahr einschließlich diesjähriger Investitionen zur Umrüstung des Stahlwerks wären aus dem laufenden Haushalt finanzierbar“, rechnet Eckhoff vor.

235 Millionen in 2023

„Das steht alles nicht im Handbuch“, kommentiert Dietmar Strehl (Grüne) die Situation. Dennoch fühle er sich als Finanzsenator auf einem guten Weg. Das Vorgutachten bestätige nicht nur die Notsituation, sondern auch die vom Senat benannten Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise. „In den vier Handlungsfeldern, den Fastlanes, sind konkrete, wirkungsvolle und angemessene Maßnahmen zur effektiven Krisenbekämpfung genannt. Nur diese werden über Kredite finanziert“, betont Strehl. Das Verfassungsgericht habe zudem geurteilt, dass die Länder für die Finanzierung des Klimaschutzes verantwortlich seien.

Bereits in diesem Jahr will der Senat 235 Millionen Euro für Klimaschutzmaßnahmen ausgeben, wenn der Nachtragshaushalt beschlossen wird. Davon sind allein 102 Millionen für die energetische Sanierung von Gebäuden vorgesehen. 46 Millionen sollen für die klimafreundliche Transformation der Wirtschaft bereitgestellt werden. Weitere 85 Millionen sind für emissionsfreie Mobilität eingeplant. Dazu zählt auch die Anschaffung von Elektrobussen für die BSAG und Wasserstofffahrzeuge in Bremerhaven. Rund 1,5 Millionen entfallen auf das Feld Wärmeversorgung ohne fossile Brennstoffe.

Schaefer: „Gut angelegtes Geld“

„Es reicht nicht, sich zum 1,5-Grad-Ziel zu bekennen, man muss auch Maßnahmen beschließen“, sagt Klimaschutzsenatorin Maike Schaefer (Grüne). „Dabei werden wir feststellen, dass das beschlossene Milliardenprogramm sehr gut investiertes Geld ist. Jeder Cent, den wir jetzt zu wenig in den Klimaschutz investieren, wird uns in der Zukunft ein Vielfaches kosten. Das haben die Milliardenschäden wie unter anderem die Hochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen und auch weltweit gezeigt.“

Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) betont die Bedeutung der Transformation der Wirtschaft zur Klimaneutralität. „Wir wollen beide Städte zu zukunftsweisenden Wirtschaftsstandorten weiterentwickeln – mit besten Bedingungen für Unternehmen und Beschäftige. Dafür müssen wir jetzt aktiv werden. Mit rund 600 Millionen Euro werden wir unter anderem die Stahlindustrie auf dem Weg zu einer CO2-freien Produktion unterstützen, die aktuell einen Großteil des CO2-Ausstoßes im Land Bremen produziert“, erklärt Vogt

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