Malermeister Thomas Kurzke (links) ist Präses der Handwerkskammer Bremen. Oliver Kriebel (rechts) ist dort als stellvertretender Hauptgeschäftsführer tätig.Foto: Schlie Malermeister Thomas Kurzke (links) ist Präses der Handwerkskammer Bremen. Oliver Kriebel (rechts) ist dort als stellvertretender Hauptgeschäftsführer tätig. Foto: Schlie
Interview

Unklare Aussichten

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Warum die Frühjahrsumfrage zur Konjunktur kein einheitliches Bild für das Handwerk liefert

Weser Report: In der aktuellen Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Bremen ist der Geschäftsklimaindex im Vergleich zum Frühjahr 2022 um 35 Punkte auf 102 gesunken. Warum ist die Stimmung im Handwerk so trüb?

Thomas Kurzke: Ich würde die Stimmung nicht durchweg als trüb bezeichnen, sie ist besser, als wir im Herbst vermuten konnten. Die Handwerksbetriebe agieren aber zurzeit vorsichtig. Man spürt, dass sich ganz viel verändert. Wir haben hier in der Kammer jeden Monat ein anderes Thema, das uns und die Betriebe beschäftigt. Das führt dazu, dass man nicht mehr die Planungssicherheit hat wie in früheren Jahren. Insgesamt zeigt die Umfrage ein sehr uneinheitliches Bild. Wir haben keine klare Tendenz.

Oliver Kriebel: Wenn man auf die Umfrage schaut, dann heben sich die positiven und die negativen Äußerungen auf.

Abgesehen vom Kfz-Gewerbe berichten viele Branchen über sinkende Umsätze. Wie erklären Sie sich das?

Kurzke: Auch das hat wieder eine Vielzahl von Gründen. Einige Firmen sind geschrupft aufgrund von Fachkräftemangel. Handwerker sind im Durchschnitt keine großen Unternehmen. Wenn von durchschnittlich vier bis zwölf Mitarbeitern einer weggeht, macht sich das sofort bemerkbar. Auf der anderen Seite haben wir jetzt konjunkturell ein Winterhalbjahr hinter uns. Das legt das ganze Außenhandwerk lahm. Da ist es normal, dass die Umsätze in den Bauberufen sinken.

Kriebel: Wenn Sie den Endkonsumenten nehmen, der genau schauen muss, wo er sein Geld investiert, der überlegt sich zweimal, ob b er sein Brot beim Bäcker kauft oder zum Discounter geht. Unsere Betriebe spüren, dass die Umsätze sinken, weil die Preise steigen.

Die Auftragsreichweite ist seit der Herbstumfrage von 22,8 Wochen auf 11,7 Wochen gesunken. Bekommen die Kunden jetzt schneller einen Dachdecker oder Heizungsinstallateur zu Gesicht?

Kriebel: Ja, sollte man meinen. Aber es ist nicht gleich verteilt. Es gibt gewisse Gewerke, wo die Reichweite schon immer bei vier bis fünf Wochen im Durchschnitt lag. Dort ist es auch jetzt wieder der Fall. Mit den 11,7 Wochen bewegen wir uns auf dem Niveau, wo wir 2020 und davor waren. Das ist keine Entwicklung, die uns überrascht. Die Situation vorher war der Lieferkettenproblematik geschuldet. Viele Aufträge hatten sich aufgestaut, weil Teile nicht verfügbar waren.

Kurzke: Jetzt setzt wieder ein Stück Normalität ein. Es ist für den Endverbraucher auch unzumutbar, wenn man ein halbes Jahr auf jeden warten muss.

Wie wirkt sich die Zinsentwicklung in Verbindung mit den hohen Materialpreisen auf das Bauhandwerk aus?

Kurzke: Der Neubau ist im privaten Bereich praktisch zum Erliegen gekommen. Das gibt in einigen Bereichen Kapazitäten frei. Einige Handwerker, die sich in den vergangenen Jahren stark im Bereich Neubau bewegt haben, sind jetzt gezwungen in die Sanierung auszuweichen. Das führt zu einer Verschiebung. Bei den öffentlichen Gebäuden wurde langfristig geplant, da geht der Neubau weiter. Das ist allerdings von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Einige halten an ihren Projekten fest, andere sind da vorsichtiger. Bremen liegt irgendwo in der Mitte. Es ist aber unheimlich wichtig, dass die öffentliche Hand an ihren Vorhaben festhält auch wenn alles teurer wird. Schulen und Kindergärten werden gebraucht. Das hat unheimliche Signalkraft für private Investoren.

Alles wird teurer. Stichwort: Inflation. Womit müssen Ihre Kunden rechnen?

Kriebel: Die Preise werden weiter steigen, davon gehen viele Betriebe aus. Auch da ist das Bild wieder sehr unterschiedlich, wenn man es auf die verschiedenen Gewerke herunterbricht. Aber letzlich ist die Preisspirale noch nicht zu Ende.

Kurzke: Vieles hängt an der Entwicklung der Energiepreise. Man kann nur hoffen, dass wir den Höhepunkt der Inflationswelle erreicht haben. Es gibt ja ein paar vorsichtige Anzeichen, dass es ein Stück wieder zurück geht. Aber dass es wieder deutlich günstiger wird zu bauen, damit ist in den nächsten Monaten nicht zu rechnen.

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