WESER REPORT: Herr Harder, am 3. Juni laden Sie Politikerinnen und Politiker der CDU, der Grünen, der FDP und SPD zur Aktionskonferenz „ Seniorinnen- und Senioren-Mitwirkungsgesetz“. Was ist Ihr Ziel?
Ernesto Harder: Uns geht es darum, die Diskussion um ein Senioren-Mitwirkungsgesetz neu zu entfachen. Es gab ja im vergangenen Jahr einen Antrag der CDU. Der ist dann von der Regierungskoalition abgelehnt worden. Dann ist dort stattdessen ein Entschluss gefasst worden, mit Seniorenkonferenzen im Bundesland zu arbeiten. In der Stadt Bremen ist das die Seniorenvertretung, wo über Möglichkeiten und Themen gesprochen wird. Aber eben nicht gesetzlich verankert.
Einsamkeit, Altersarmut, kaum Teilhabe an der Kultur: Was macht Sie als Gewerkschafter wütend oder traurig?
Es gibt ganz vieles. Es ist einfach so, dass ein großer Teil unserer Gesellschaft betroffen ist. Uns ist es wichtig, dass diese gesellschaftliche Gruppe nicht vergessen wird und dass sie eine entsprechende Mitwirkungsmöglichkeit hat. Vergessen werden ist das, was mich frustriert.
Welche drei Forderungen sind Ihnen am wichtigsten?
Für uns ist wichtig, dass die Teilhabe gesetzlich verankert wird. Also, dass Senioren-Mitwirkung nicht nur ein Nice-to-have ist, sondern dass sich der Senat verpflichtet, da eine Struktur gesetzlich zu verankern. Das ist das Erste. Zweitens, dass es dort eine Plattform gibt, wo die verschiedenen zivilgesellschaftlichen Strukturen, die wir in der Seniorenschaft haben, eine Möglichkeit haben ihre Wünsche fest zu verankern. Das Dritte ist, dass die Politik sich mit diesen Wünschen auch auseinandersetzen muss.
Wir wollen nicht, dass ein Parallel-Parlament entsteht. Der Souverän sind die Wählerinnen und Wähler, aber es ist vor allem auch die Bremer Bürgerschaft. Diese muss natürlich über alles entscheiden.
Es gibt schon eine Seniorenvertretung in Bremen. Warum braucht man noch ein Gesetz?
Weil sie nicht gesetzlich abgesichert ist. Ähnliches gibt es aber schon in anderen Bundesländern. Unser Text basiert letztendlich auf einem Entwurf, den der DGB auf Bundesebene für Flächenländer entwickelt hat. Den haben wir für den Zweistädte-Staat Bremen/Bremerhaven angepasst.
Bis wann, glauben Sie, wird Ihr Gesetz so oder ähnlich die Bürgerschaft und den Senat durchlaufen haben?
Also das wird nicht mehr in dieser Legislaturperiode passieren. Die geht bis 2027. Unser Ansatz ist: Wir wollen die Diskussion am Laufen halten. Wir werden die Forderung an alle demokratischen Parteien im Vorfeld der nächsten Bürgerschaftswahl aufstellen: Nehmt das bitte in eure Wahlprogramme auf. Und dann versuchen wir das Seniorenmitwirkungsgesetz im Koalitionsvertrag zu verankern.
Haben Sie schon Rückmeldungen aus den zur Konferenz eingeladenen Parteien?
Zum Teil haben wir natürlich das Gespräch vorher gesucht und grundsätzlich erleben wir Aufgeschlossenheit für die Anliegen von Seniorinnen und Senioren in den politischen Parteien. Wir machen das jetzt zur öffentlichen Diskussion. Grundsätzlich gibt es also Aufgeschlossenheit aber wenn es um eine Gesetzesinitiative geht und erst recht um die konkrete Ausformulierung, da gibt es sehr große Unterschiede und auch zig Möglichkeiten.
Zur Definition: Was sind Senioren – Menschen ab 60, 65 oder 67 Jahren?
Für uns sind das Leute, die vor allen Dingen im Ruhestand sind. Bei den Gewerkschaften ist das eine naheliegende Definition – also Rentnerinnen und Rentner, Pensionärinnen und Pensionäre.
Binden Sie auch die Menschen, die noch arbeiten müssen, weil die Rente nicht reicht?
Klar, die gibt es auch. Ob sie aufstocken oder nicht, das differenzieren wir nicht. Bei uns geht es darum, welchen arbeitsrechtlichen Status sie haben. Das ist keine soziale Klassifizierung sondern einfach nur eine sehr statistische Erfassung von Mitgliedern. Das ist es übrigens, was mich am meisten frustriert: dass es viele Menschen gibt, die immer gearbeitet haben und am Ende ihr Geld nicht ausreicht. Das wird gerne vergessen insbesondere bei der augenblicklichen Debatte, ob die Deutschen genügend arbeiten.