David und Jasmin Lauenburger betreiben das klassische Puppentheater in der siebten Generation. Fotos: Konczak
Altes Puppentheater

Ohne den Kasper geht nichts

Von
Die Familie Lauenburger hält die Tradition des Puppentheaters seit 1829 aufrecht.

„Wenn der Kasper nicht da ist, läuft es nicht“, weiß Hubertus Lauenburger. Klar, der komische Held mit langer Zipfelmütze und Namensgeber des Kasperletheaters sollte noch immer jeder Generation bekannt sein. Dass Puppentheater einfach zeitlos ist, dürfte niemand besser wissen als die Familie Lauenburger. Sie betreibt Norddeutschlands älteste und Deutschlands größte Puppenbühne in der mittlerweile siebten Generation und gastiert seit dieser Woche wieder in Delmenhorst. Mit ihren 100 handgemachten und über 80 Jahre alten Handpuppen, geschnitzt aus Linden- und Pappelholz, weiß der Familienbetrieb auch fast 200 Jahre nach der Gründung, wie man Kinder- und Erwachsenenherzen höher schlagen lässt. „Wir sind die letzten fahrenden Puppenspieler“, sagt Senior Hubertus aus der sechsten Generation. Und ist darauf mächtig stolz.

Gegründet wurde das Lauenburger Puppentheater 1829 von Julius Lauenburger in Schleswig-Holstein. Die Leidenschaft für die Unterhaltungskunst lag im Blut. „Unsere Familie bestand schon immer aus Künstlern und Gauklern“, erzählt Jasmin Lauenburger (32), die das Theater mit Bruder David (44) führt. Zunächst ging es mit Marionetten los – handgemacht, wie die Puppen, die heute noch im Einsatz sind. Hubertus Lauenburger, heute 77 Jahre alt, erinnert sich noch gut daran, wie er mit seinem Vater Karl damals noch auf dem Kutschbock von Ort zu Ort gezogen ist. Gespielt wurde in Gaststätten. „Da kommen wieder die Lauenburger“, hieß es oft. Dazu schenkte der Gastwirt aus. In einer Zeit, als es noch kein Fernsehen gab, war das Puppentheater eine beliebte Abendunterhaltung. „Das war eine Sensation“, weiß Jasmin. Die ersten Aufführungen richteten sich mit Stücken wie Doktor Faustus eher an die Erwachsenen. Karl Lauenburger war es auch, der das Zelt als Aufführungsort etabliert.

Heute unterhält die Künstlerfamilie zwar primär den Nachwuchs, aber auch Eltern und Großeltern mit ihren selbst verfassten Stücken. Die sind alle fest in den Köpfen verankert – Niederschriften gibt es nicht – und wurden über die Generationen weitergegeben.
Mit ihren Abenteuern rund um Kasperle, den Räuber, die Prinzessin oder den Wachtmeister verzaubert die Familie Lauenburger bis heute und weckt bei vielen Besuchern so manche Kindheitserinnerungen. Dass das klassische Puppentheater auch bei den Kindern der heutigen digitalen Generation noch funktioniert, erleben Jasmin und David als Spieler bei jeder Vorstellung. „Die Medienwelt ist mal für eine Stunde ausgeschaltet. Das Theater regt die Fantasie an. Wenn die Puppen auf der Bühne sind, denken die Kinder, dass das alles echt ist, und sie werden mitgerissen“, beschreibt Jasmin den Reiz der altehrwürdigen Puppenwelt. Die Stücke sind interaktiv. Die kleinen Zuschauer werden mit eingebunden und helfen zum Beispiel dabei, den Räuber einzusperren. Die meisten Jahre hat übrigens der Kasper auf dem Buckel – seine Puppe ist über 80 Jahre alt.

Denkt nicht an die Rente: Der Kasperle ist mit seinen über 80 Jahren die älteste Puppe auf der Bühne.

Denkt nicht an die Rente: Der Kasperle ist mit seinen über 80 Jahren die älteste Puppe auf der Bühne.

Und so hält auch die siebte Generation die lange Familientradition voller Nostalgie und Fantasie aufrecht. Getourt wird von Ende März bis Ende Oktober durch Norddeutschland und Niedersachsen. Für Jasmin und David habe nie infrage gestanden, den Betrieb zu übernehmen. Schließlich sind sie dort hineingewachsen. „Das war immer klar. Als Kind war ich schon hinter der Bühne. Vor zehn Jahren habe ich zum ersten Mal aktiv gespielt“, sagt Jasmin Lauenburger. Wie das geht, wurde natürlich auch von Generation zu Generation weitergegeben.
Und wie das genau aussieht, können kleine und große Puppenliebhaber ab zwei Jahren in Delmenhorst noch zwei Wochen im großen Theaterzelt erleben. Am morgigen Sonntag, 6. Juli, ist das Lauenburger Puppentheater um 11 Uhr noch einmal an der in dieser Woche an der Annenheider Straße 228 zu sehen, bevor es weiter auf die Grünfläche an der Langenwischstraße zieht. Vom 10. bis 19. Juli wird bei den Abenteuern im Zauberwald der Räuberhauptmann Hotzenplotz gesucht. Aufführungen sind donnerstags und freitags um 16 Uhr, Sonnabend und Sonntag um 11 Uhr. Am Sonnabend, 19. Juli, findet zusätzlich auch um 14 Uhr eine Vorstellung statt. Als Highlight tritt am Schluss des Stückes Stargast Chase, das Maskottchen des Theaters, auf. Karten gibt es ab 9 Euro jeweils 30 Minuten vor Beginn vor Ort an der Theaterkasse.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren...

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner