Das Bild ist im gesamten Stadtgebiet bekannt. Bevor eine groß angelegte Baustelle beginnt, wird zunächst nur vereinzelt der Straßenasphalt oder Bürgersteig geöffnet. Nicht per Bagger, sondern altmodisch per Hand. Der Grund: Erst einmal per Suchschachtung schauen, welche Leitungen wo im Boden liegen – vielerorts ist dabei besondere Vorsicht geboten.
Lage und Tiefe von Leitungen nicht immer bekannt
Im Bremer Untergrund liegt ein sogenanntes Nachkriegsnetz, erklärt Jean-Paul Berndt, Sprecher der swb. Insbesondere in den historisch gewachsenen Gebieten müssten Verlegepläne deswegen häufig aktualisiert werden. Generell verfüge Wesernetz laut Berndt über ein aktuelles, digitales Planwerk der eigenen Infrastruktur. „Veränderungen im Netz werden schon mit Beginn der Netzbaumaßnahme in der Netzauskunft durch Sperrflächen im Planwerk gekennzeichnet“, erklärt Berndt weiter.
Das gilt auch für Hansewasser. Sprecherin Rebecca Stöcker erklärt jedoch: „Die Lage und Tiefe von Versorgungsleitungen ist in Plänen nicht immer genau aufgeführt.“ Außerdem könne sich die Lage der Leitungen zum Beispiel durch Bodenbewegungen mit der Zeit verändert haben, sodass die Pläne aktuell waren, es aber jetzt nicht mehr ist.
Suchschachtung klärt auf
Genau in solchen Fällen ist eine Suchschachtung notwendig – eine Routinearbeit, wie die Zahlen zeigen. Bei Hansewasser wurden seit 2022 rund 300 Suchschachtungen durchgeführt, bei swb werden die Zahlen nicht zentral erfasst, „da diese Art der Arbeiten zum Alltag auf Baustellen gehört“, so Berndt.
Wenn weder swb, Hansewasser noch ein Telekommunikationsunternehmen in den Boden muss, sondern ein externes Unternehmen baut, fordern die Beteiligten von verschiedenen Betreibern die Pläne an und legen diese übereinander, um vom Schreibtisch aus einen ersten Eindruck vom Erdreich zu bekommen. Ein zentrales System, das alle Karten vereint, gibt es nicht. „Jeder Infrastrukturbetreiber ist für die Dokumentation seiner eigenen Netze verantwortlich“, so Berndt. Um die exakten Lagen festzustellen, wird anschließend vor Ort gegraben – eine Arbeit, bei der besondere Vorsicht geboten ist.
Vor Beginn der Suchschachtung gibt es verpflichtende Schutzanweisungen der Leitungsträger, um potenzielle Beschädigungen bei den Arbeiten zu vermeiden. In diesem Fall wird Handarbeit zur Pflicht: Baggern oder das Eintreiben von Gegenständen ist verboten.
Regelmäßige Funde von nicht dokumentierten Schächten in Innenstadt
Wenn alles nach Plan läuft, werden nach einer abgeschlossenen Suchschachtung die Pläne gegebenenfalls aktualisiert, die Gruben wieder verfüllt und anschließend mit der Baumaßnahme begonnen. Häufig beeinflusst die Suche im Untergrund die Planung kaum – doch es kann auch anders laufen, wie im Fall der Dechanatstraße.
Durch den Fund eines nicht verzeichneten Schachtes mussten die Umbaumaßnahmen zur Klimameile neu geplant werden. In der historischen Bremer Innenstadt stoßen Unternehmen regelmäßig auf nicht dokumentierte Bauwerke oder deren Überreste, erklärt Berndt. „Dies kann erhebliche Auswirkungen auf Zeitpläne, Bauverfahren und Abstimmungsprozesse nach sich ziehen. Das ist nicht ungewöhnlich, stellt aber im Einzelfall eine Herausforderung für die Baustellenplanung dar.“






