Hans-Joachim Neubert mit einem Buch, in dem über ihn und 24 andere Menschen berichtet wird, die über 25 Jahre mit einem Spenderherz leben.Foto: Schlie |
Die Ärzte gaben Hans-Joachim Neubert noch zwei Jahre. Das war 1988. Dank einer Organspende sind daraus 25 geworden. Sogar einen Infarkt hat sein neues Herz verkraftet.
„Man hört schon in sich rein“, sagt Hans-Joachim Neubert. Der Hastedter gehört zu den ganz wenigen Menschen, die weit über das statistische Mittel von acht bis zehn Jahren mit einem Spenderherz überleben.
Doch es geht dem gelernten Elektromechanikermeister erstaunlich gut: „Ich war gerade zur Untersuchung und mein Herz ist vergleichsweise gut in Schuss.“ Damit das so bleibt, muss der Werder-Fan zahlreiche Tabletten schlucken: „Morgens und abends sind es jeweils elf, unter anderem um die Abstoßung des Organs zu verhindern.“ Diese bewirken in der Regel die Schwächung des Immunsystems. Doch Neubert hat damit keine Probleme: „Mir geht es seit der Transplantation, was Erkältungskrankheiten angeht, eigentlich besser als vorher.“
Schwere Erkältung verschleppt
Vorher war von Mitte bis Ende der 1980er Jahre – sein Herzmuskel war stark geschwächt, baute immer weiter ab. „Meine Ärzte vermuteten, dass ich eine schwere Erkältung verschleppt hatte“, so Neubert. Die Mediziner geben ihm ohne Spenderherz nur noch kurze Zeit. Neubert: „Doch ich hatte Glück und bekam 1990 ein Spenderherz. Seitdem feiere ich den Tag der Transplantation als Geburtstag. Meinen eigentlichen gehe ich nur noch ganz ruhig an.“
Bis heute weiß er nicht, von wem seine neue „Pumpe“ stammt. Noch nicht einmal, ob von Frau oder Mann, so wollen es die Regeln. Gewissensbisse, das Herz eines anderen in sich zu tragen, hat er nicht. „Er oder sie ist ja nicht für mich gestorben. Ich fühle mich deshalb nicht schuldig, aber ewig dankbar.“
Unermüdliches Werben für Organspendeausweis
Um seine Mitmenschen für das Thema Organspende zu sensibilisieren, hält Neubert unermüdlich Vorträge und wirbt unter anderem auf Messen wie der HanseLife dafür, einen Organspendeausweis bei sich zu tragen: „Man kann damit Leben retten oder sinnvoller gestalten.“
Doch so fit der 68-Jährige auch wirkt, ganz spurlos ist sein Schicksal nicht an ihm vorübergegangen. Seine Nieren sind von den vielen Medikamenten belastet und er leidet unter der sogenannten Schaufensterkrankheit – eine schmerzhafte Verengung der Beingefäße.
Sogar einen Herzinfarkt überlebt
Dramatisch wurde es noch einmal 2011. „Ich war mit meiner Frau in Moskau. Plötzlich kippte ich um“, erzählt Neubert. Der begeisterte Weltenbummler hatte einen Hinterwandinfarkt erlitten. Aber auch das überlebt er. Nachdem Neubert in Russland erstversorgt worden war, bekam er zurück in Deutschland einen Stent (Gefäßstütze) gesetzt.
„Nie wieder warten“
„Natürlich habe ich meine Lebensweise danach ausgerichtet, aber ich trinke schon mal ein Bier“, gibt der begeisterte Hobby-Gärtner zu. Für die Zukunft hat Neubert noch einiges vor: „Ich würde gerne nochmal Fallschirm springen oder mit einem Paraglider fliegen.“ Denn eins wolle er ganz sicher nicht mehr tun – warten.