Notunterkunft für Flüchtlinge in Bremer Schule (Foto: WR) |
Die Nachricht aus Niedersachsen ist auch ein Vorbote für Bremen. Steigende Asylbewerberzahlen in ganz Deutschland stellt auch die Hansestadt vor neue Herausforderungen. Wir haben Bremer Politiker und Flüchtlingsorganisationen um eine Einschätzung gebeten: Sie ist ernst, aber machbar.
Die Bremer Politiker sehen alle Handlungsbedarf. Auch in Bremen müssen mehr Flüchtlinge aufgenommen werden – genaue Zahlen allerdings konnte noch keiner nennen. Zuletzt sollten es nach Schätzungen bis zu 8000 Flüchtlinge im Jahr 2015 insgesamt sein. Nun sieht es so aus, als werde dies übertroffen.
Sülmez Dogan, Sprecherin für Migration und Integration der Bremer Grünen, sprach von insgesamt 1300 Flüchtlingen, die im August neu nach Bremen gekommen sind. „Ich gehe davon aus, dass sich die Zahl auch in Zukunft in dieser Größenordnung bewegen wird“, sagte sie dem Weser Report.
Mehr Personal in Bremer Einrichtungen gefordert
Sie glaubt, dass auch in Bremen eventuell eine große Einrichtung wie in Schwanewede geschaffen werden muss. In der Nachbargemeinde soll, wie jetzt bekannt wurde, eine Kaserne umgebaut werden um Platz für circa 1000 Flüchtlinge zu schaffen.
„Es ist angesichts der Zahlen schwer zu sagen, dass wir das nicht machen werden. Dafür müssten wir Alternativen aufzeigen, die es so nicht gibt.“ Dogan ist der Meinung, dass die Einrichtungen in Bremen bisher gut aufgestellt sind, der Personalschlüssel aber erhöht werden muss.
„Gerade in den großen Einrichtungen müssen qualifizierte Ansprechpartner, die auch verschiedene Sprachen sprechen vorhanden sein und Integrationsmaßnahmen geschaffen werden.“ Dogan ist der Meinung, dass die Flüchtlinge ein großes Potential für Bremen sind, das man entsprechend schnell und gut integrieren sollte, um es auch nutzen zu können.
„Wir sind eine weltoffene Stadt“
Die Stimmung in Bremen gegenüber der Flüchtlinge hält Dogan für sehr positiv. „Wir sind eine weltoffene Stadt, die Menschen aller Altersstrukturen engagieren sich stark, das macht mich sehr glücklich.“ Dogan sagt aber auch, dass die Hilfsbereitschaft für syrische Flüchtlinge stärker sei, als die für Menschen aus anderen Ländern.
SPD-Sozialexperte Klaus Möhle meint, Bremen sei auf einem guten Weg. Angesichts der weiter steigenden Zahl von zuwandernden Flüchtlingen sagt er aber: „Es ist wie Hase und Igel, wir rennen immer hinterher. Aber wir machen, was wir können.“
Bremen stehe vor eine „Hammeraufgabe“
Möhle ist der Meinung, dass eine vernünftige Willkommenskultur auch ein entsprechendes Angebot an Wohnungen und Integrationsprogrammen braucht. „Das wir die Zelte jetzt winterfest machen müssen, weil es an Wohnraum fehlt, finde ich in tiefster Seele doof, aber wir befinden uns in einer Notsituation.“
Um die Situation schneller in den Griff zu bekommen, will Möhle zusätzliche Stellen in der Behörde schaffen und schauen, dass Bewilligungsprozesse beschleunigt werden. Außerdem braucht es mehr seriöse Investoren, die Wohnraum anbieten, so wie es die Gewoba schon macht. „Wichtig ist, dass wir die hilfsbereite Grundstimmung in der Bevölkerung nicht verderben. Das ist eine Hammeraufgabe.“
Sammelunterkünfte isolieren die Flüchtlinge
Der Flüchtlingsrat Bremen plädiert dafür, Flüchtlinge möglichst schnell in Wohnungen weiter zu vermitteln. Sammelunterkünfte wie die Kaserne in Schwanewede böten keine ausreichende Privatssphäre, keine Ruhe und nicht die Möglichkeit, selbst zu kochen.
Außerdem lägen sie oft fernab von der notwendigen Integrationsstruktur mit Schulen, Beratungsstellen, Ärzten und anderen öffentlichen Einrichtungen. Zudem sei die Unterbringung von geflüchteten Menschen in ehemaligen Militäreinrichtungen insbesondere für Kriegsflüchtlinge äußerst bedenklich.
Für die CDU fehlt eine bessere Planung
Sigrid Grönert, sozialpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion plädiert für eine Unterbringung der Flüchtlinge auf kleinerem Raum. „Ich halte große Einrichtungen grundsätzlich nicht für sinnvoll, sehe aber auch dass es in der Not nicht anders geht.“ Grönert fordert, dass Bremen verstärkt versucht, Flüchtlinge in Wohnungen unterzubringen und den Eigenbau zu nutzen. Außerdem denkt sie, dass bessere Planung notwendig sei: „Frau Stahmann kann nicht immer sagen, dass die Flüchtlingszahlen nicht vorher absehbar waren. Die steigen stetig und das schon länger.“
Ihr Eindruck von der Stimmung unter den Bürgern: „Das Thema polarisiert. Auf der einen Seite sind die positiven Stimmen, die viel Hilfe leisten, sehr laut. Auf der anderen Seite bekomme ich mit, dass die Situationen den Menschen auch Angst macht, weil kein Ende in Sicht ist.“ Grönert beruhigt: „Wir sind in der Lage, hier Flüchtlinge aufzunehmen und bemühen uns, sie vernünftig zu integrieren.“
„Es stöhnt die ganze Republik“
Das Bremer Sozialressort will Gelassenheit demonstrieren: „Die Zahl der Asylantragssteller steigt insgesamt, dann steigt sie auch in den Kommunen. Es stöhnt die ganze Republik“, so Sprecher des Sozialressorts Bernd Schneider. Genauere Zahlen konnte er nicht nennen, außerdem äußerte er sich nicht dazu, wie die Flüchtlinge untergebracht werden sollen.
In Schwanewede hat man sich von der ersten Überraschung erholt und ist zuversichtlich, mit der Situation gut umgehen zu können. Bürgermeister Harald Stehnken hat aber auch eine beruhigende Nachricht: „Nach meinen Informationen ist diese Maßnahme auf acht Monate begrenzt.“Außerdem sei die Kaserne eine in Angesicht des kommenden Winters eine bessere Lösung, als Zelte, sagt Ortsbürgermeister von Schwanewede Martin Grasekamp. Von Laura Bohlmann
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