Bislang keine Verhandlung: Landgericht in Bremen (Foto: Schlie) |
In seinem Haus in Strom ist Johann Gerken brutal überfallen worden. Obwohl nach dem Einbruch vor drei Jahren schnell ein Tatverdächtiger ermittelt wurde, gibt es seit drei Jahren keine Hauptverhandlung. Den 92-Jährigen aber plagen Albträume.
Der Albtraum schlechthin – von vier Männern überfallen und gefesselt – Johann Gerken hat ihn erlebt. Anfang September 2012 ist er überfallen worden.
Die Täter verbanden ihm unter anderem die Augen und brachen ihm mit einem Hammer die Beine. „Ich träume jede Nacht davon“, sagt der 92-Jährige. Als Folge geht er am Stock und hat eine Haushaltshilfe eingestellt, ohne die er den Alltag nicht mehr bewältigen könnte.
Bis heute wartet der Stromer auf eine Gerichtsverhandlung. Dabei ist wenige Tage nach der Tat ein Tatverdächtiger festgenommen worden. Auf einem Kabelbinder, mit dem Gerken gefesselt worden war, hatten die Ermittler DNA-Spuren gefunden, die zu einem polizeibekannten 22-Jährigen führten. Das Bremer Landgericht setzte die U-Haft allerdings außer Vollzug.
Der Tatverdächtige wurde erneut festgenommen
„Die Richter haben den Haftgrund der Wiederholungsgefahr nicht gesehen“, erklärt Frank Passade, Sprecher der Bremer Staatsanwaltschaft, die gegen diese Entscheidung damals Beschwerde einlegte. Das Oberlandesgericht gab ihr Recht. Der Tatverdächtige wurde erneut festgenommen.
Wieder in U-Haft, bestritt der junge Mann, etwas mit der Tat zu tun zu haben. „Wenn man es genau nimmt, beweist die Spur am Kabelbinder nur, dass er den Kabelbinder in der Hand hatte, aber nicht, dass er auch am Tatort war“, erklärt Passade. Das Landgericht sah daraufhin einen dringenden Tatverdacht nicht als gegeben und ließ den 22-Jährigen bis zur Hauptverhandlung laufen.
In der Türkei in psychiatrischer Behandlung
Vor Gericht sollte sich der Mann dann schließlich im Januar 2014 erklären. Statt zu erscheinen, teilte er aber mit, dass er in der Türkei in psychiatrischer Behandlung sei. Im März erließ das Landgericht erneut Haftbefehl. „Jetzt läuft die Fahndung“, sagt Passade.
Für Opfer ist die Zeit bis zu einer Verhandlung schwierig, weiß Dirk Schittkowski, Vorsitzender des Weißen Rings in Bremen. „Wenn ein Mensch das Gefühl hat, dass er keine Gerechtigkeit erfährt, kann ihn das lebenslang verfolgen.“
Hilfe durch das Opferentschädigungsgesetz
Ohne strafrechtliche Verurteilung gibt es für Betroffene auch keine Möglichkeiten, vom Täter im Rahmen eines Zivilprozess Schadensersatz zu fordern. Was viele nicht wissen: In diesem Fall haben Opfer von Straftaten schon seit 1976 einen Anspruch auf Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz.
Das sei aber teilweise sogar heute noch Anwälten unbekannt, sagt Uwe Old vom Weißen Ring. Gemeinsam mit seinen Kollegen hilft er Betroffenen dabei, ihre Ansprüche durchzusetzen.