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Der Einzelhandel wächst in Bremen trotz Internetkonkurrenz. Foto: WR |
Bremen als reiner Industriestandort – diese Zeiten sind vorbei. Eine Studie der Arbeitnehmerkammer belegt: 80 Prozent aller Arbeitnehmer sind in den Dienstleistungen beschäftigt. 2003 waren es noch 60 Prozent. Allerdings: In manchen Branchen sind die Bedingungen schlechte.
Im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten hat Bremen zwar noch immer eine größere Anzahl an Beschäftigten in der Industrie, die Dienstleistungen sind aber mittlerweile der Hauptarbeitgeber in der Hansestadt.
22.000 Arbeitsplätze sind in den vergangenen sechs Jahren dort neu entstanden. Der technische Fortschritt und politische Rahmenbedingungen sind laut Studie die Gründe.
„Bremen bleibt fünfter größter Industriestandort und ist mit der Vielfalt der industriellen Ausprägungen gut aufgestellt. Die parallele positive Entwicklung im Dienstleistungsbereich ist nicht von der industriellen Entwicklung zu trennen“, sagt Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) zu den Ergebnissen der Studie.
Gute Verdienstmöglichkeiten in IT und Forschung
Dienstleistungen haben mittlerweile komplexe Aufgabenprofile: „In vielen Bereichen ist der Wissensanspruch an die Beschäftigten gestiegen. Das betrifft den international agierenden Logistiker genauso wie den Ingenieur, der am Computer Bauteile konstruiert, den Sozialarbeiter mit akademischem Abschluss oder den Softwareentwickler“, sagte Ingo Schierenbeck, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer.
In den Bereichen Finanzen, IT, Unternehmensberatung, Forschung und Entwicklung und im Ingenieurwesen ließe sich gutes Geld verdienen. Knapp 4.900 Euro würde ein IT-Mitarbeiter pro Monat im Schnitt erwerben können. Diese Branchen, die in der Studie als „wissensintensiv“ beschrieben werden, setzen eine gute Ausbildung voraus. Deswegen fordert die Arbeitnehmerkammer, dass Bremen seine Universitäten, Hochschulen und Forschungsinstitute verstärkt fördert.
Schlechte Bedingungen in Einzelhandel, Gastronomie und Gesundheit
Schlechter seien die Arbeitsbedingungen in den Branchen Gastgewerbe, Einzelhandel und Gesundheits- und Pflegebereich. Hier sind die Arbeitnehmer laut Studie oft von extrem geringer Lohnzahlung, Leih- und Teilzeitarbeit betroffen. Das Sozial- und Gesundheitswesen stelle dabei die meisten Arbeitsplätze zur Verfügung.
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Einzelhandel, oft mit schlechter Bezahlung Foto: Michalak |
Chance und Risiko gleichermaßen finde sich im Einzelhandel wieder, berichtet die Arbeitnehmerkammer in einem Artikel zu der Studie. Auf der einen Seite wachse der Einzelhandel, auf der anderen Seite mache das Internet den Ladengeschäften große Konkurrenz. Das habe zur Folge, dass der unter Druck geratene Einzelhandel am Personal spare.
„Minijobs, Teilzeit und Werkverträge verdrängen existenzsichernde Arbeitsplätze“, sagt Marion Salot, Fachreferentin der Arbeitnehmerkammer. Außerdem zahle die Branche schlecht. Das Einstiegsgehalt einer Verkäuferin liege in den tarifgebundenen Betrieben bei einer Vollzeitstelle knapp über 1500 Euro brutto. Nur noch jede vierte Frau im Einzelhandel könne von ihrem Verdienst leben.
Dazu sagt Wirtschaftssenator Günthner: „Wir wollen uns mit Branchendialogen im Einzelhandel und Hotel- und Gaststättengewerbe für eine Verbesserung der Situation der Beschäftigten stark machen. Wir setzen uns für die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen ein. Bremen wird sich in die Gesetzgebungsverfahren im Bereich des Arbeitsrechts auf Bundesebene einbringen.“
Wirtschaftsförderung und gute Vernetzung gefordert
Die Studie fasst zusammen: Bremen hängt im Vergleich zu anderen Großstädten noch immer hinterher. Im Bereich der „wissensintensiven Dienstleistungenen“, vor allem in der Information und Kommunikation gibt es Handlungsbedarf. Die Hansestadt müsse aufpassen, den Anschluss nicht zu verpassen. Mit anderen Worten: Bremen muss auch für innovative Unternehmen, wie etwa Start-Ups attraktiver gemacht werden.
Der Wirtschaftsenator sieht das anders: „In den swissensintensiven Dienstleistungen arbeiten in Bremen knapp 10 Prozent der Beschäftigten. Das sind mehr als im bundesweiten Durchschnitt.“
Die Arbeitnehmerkammer fordert neben der besseren Ausbildung auch, dass sich die Branchen besser vernetzen und seitens des Landes Branchendialoge ins Leben gerufen werden sollten, die dies unterstützen. Zudem sollte auch die Wirtschaftsförderung einen gezielten Masterplan für die Dienstleistungsunternehmen entwickeln. Nathalie Sander, Sprecherin der Arbeitnehmerkammer, sagt: „Dabei sollte die Wirtschaftsförderung besonders Unternehmen mit guten Arbeitsbedingungen unterstützen.“