Die Handelskammer bietet Ausbildungen für Flüchtlinge an. Foto: WR |
Die Handelskammer Bremen bietet Flüchtlingen mit geklärtem Aufenthaltsstatus insgesamt 700 Ausbildungs- und Praktikumsplätze an. Das sei eine gute Initiative, es müsse aber auch für Menschen, deren Asylverfahren noch laufen, ein Angebot geschaffen werden, sagen Linke und der Verein Fluchtraum.
„Die Bremer Unternehmen wollen Flagge zeigen und Flüchtlinge willkommen heißen“, sagt Frank-Dieter Lutz von der Handelskammer Bremen. Mit der Initiative „Flüchtlinge in Ausbildung“ hat die Industrie- und Handelskammer Bremen ihre Unternehmen angeschrieben und sie nach potenziellen Ausbildungs- und Praktikumsplätzen gefragt, die sie an Flüchtlinge vergeben würden. „Der Rücklauf hat uns überwältigt“, sagte Christoph Weiss, Präses der Handelskammer Bremen, am Donnerstag. Die Integration in den Arbeitsmarkt sei der schnellste Weg, um in das gesellschaftliche Zusammenleben zu finden.
Einstiegsqualifikationen sollen ab Januar laufen
305 Ausbildungsplätze, 166 Plätze für Einstiegsqualifikationen und 231 Praktikumsplätze hat die Handelskammer organisiert. Ab wann die Flüchtlinge diese auch besetzen dürfen, wird Mitte Oktober bei einem runden Tisch besprochen. Die Einstiegsqualifizierungen könnten ab dem 1. Januar 2016 angeboten werden.
„Die Initiative richtet sich an Flüchtlinge, deren Aufenthaltsstatus bereits geklärt ist. Die Praktikumsplätze wollen wir im Rahmen von Schulpraktika an schulpflichtige Flüchtlinge vergeben“, sagt Lutz. „Wir können den Unternehmen nicht zumuten, sich auch noch mit aufenthaltsrechtlichen Fragen zu beschäftigen“, sagt er. Deswegen würde man mit den Trägern der Flüchtlingseinrichtungen zusammenarbeiten, die geeignete Menschen an die Unternehmen vermitteln.
Ausbildungen auch für Flüchtlinge im Asylverfahren
Die Linken und auch der Verein Fluchtraum e.V. begrüßen die Initiative der Handelskammer. Sie sagen aber, dass es auch für Flüchtlinge, deren Asylverfahren noch nicht geklärt sind, eine Ausbildungsmöglichkeit geben müsse. „Das auf bestimmte Gruppen zu reduzieren, ist völlig unzureichend“, sagt Sofia Leonidakis, flüchtlingspolitische Sprecherin der Linken. „Es gibt Grundlagen, nach denen auch Menschen, deren Aufenthaltsstatus noch nicht geklärt ist, Praktika und Ausbildungen absolvieren können“, sagt sie. Unternehmen müssen sich auch in diesen Fällen nicht mit aufenthaltsrechtlichen Fragen beschäftigen. Sie könnten vielmehr dazu beitragen, dass alle Flüchtlinge integriert werden und mit Beginn der Ausbildung dann auch eine Bleibeperspektive bekommen. „Sich aus dieser Verantwortung rauszuziehen, halte ich für eher kontraproduktiv“, sagt Leonidakis.
Fluchtraum betont, dass es viele Betriebe gebe, die vorbildlich auf Flüchtlinge zugehen und sie bei sich integrieren. „Wenn das Angebot der IHK aber nur die betrifft, deren Aufenthaltsstatus geklärt ist, ist dieses Engagement nur eine Scheininitiative“, sagt eine Sprecherin.
Lob für die Initiative der Handelskammer kam hingegen von Bürgermeister Carsten Sieling (SPD):
„Die Ausbildungsoffensive der Kammern für Flüchtlinge ist eine sehr wichtige und vorbildliche Initiative und ein starkes Signal der bremischen Wirtschaft, das ich sehr begrüße. Viele Menschen, die derzeit Zuflucht bei uns suchen, werden dauerhaft bei uns bleiben. Für eine rasche Integration sind eine berufliche Perspektive und eine gute Ausbildung ganz wesentliche Voraussetzungen. Ich würde mich sehr freuen, wenn weitere Unternehmen und Betriebe diesem Beispiel folgen und Ausbildungsplätze und Praktika zur Verfügung stellen.“