Ismail Kayali (l.) und Zwillingsbruder Yahya (Fotos: Bohlmann) |
Zahlreiche Flüchtlinge mit akademischem Hintergrund sind derzeit an den Bremer Hochschulen zu Gast. Der Weser Report hat den syrischen Wirtschaftsstudenten Ismail Kayali nach seinen Erfahrungen gefragt.
Ismail sitzt in einem kleinen Raum mit 15 anderen Flüchtlingen. Die meisten von ihnen kommen aus Syrien, einer aus dem Sudan, einer aus dem Irak, ein anderer aus Ägypten. Eine Frau ist auch dabei. Vor ihnen steht ein pensionierter Lehrer, der ehrenamtlich zwei Deutschkurse an der Hochschule anbietet.
Schlechte Bedingungen in der Türkei
„Ich verstehe Sie nicht“ – das ist der erste Satz, den der Lehrer seinen Schülern am Freitagmorgen beibringt. Ismail schreibt ihn auf seinen Block. Das Material hat er von der Hochschule bekommen. Ihr Deutschlehrer ist streng, immer wieder mahnt er zur Ruhe. Als es zehn Minuten nach Unterrichtsbeginn an die Tür klopft, ist er genervt. Pünktlichkeit ist ihm wichtig. „Er ist wie unsere Lehrer in Syrien“, sagt Ismail. Er lächelt dabei.
Seit zwei Monaten ist Ismail in Bremen. Vor knapp zwei Jahren hat er mit seinem Zwillingsbruder Yahya und den jüngeren Brüdern Tarek und Ahmad Syrien verlassen. Sie haben ein Jahr in der Türkei gelebt, um zu arbeiten. „Aber wir Syrer werden dort nur ausgenutzt. In Deutschland gibt es dagegen Regeln. Studieren kann ich hier auch.“
„Ich schaue jetzt in die Zukunft“
Ismail Kayali lernt jetzt deutsch. |
Ismail ist aus Syrien geflohen, weil man ihn sonst zum Militärdienst eingezogen hätte. „Wäre ich bei Assads Truppen, müsste ich jetzt meine Freunde erschießen. Wäre ich bei den Rebellen, müsste ich das genauso.“ Er malt mit seinem Fingern fünf Kreise auf die Tischplatte. Sie stehen symbolisch für die fünf Parteien, die sich in Syrien bekriegen.
Assad, die freie Armee, Isis, die Rebellen und die Kurden. „Keiner weiß, wann das wieder aufhört.“ Er glaubt, dass er nie wieder nach Syrien zurückkehren kann. Als er das sagt, sind seine klaren blauen Augen kurz sehr dunkel. Dann macht er eine Handbewegung, als wolle er diese Gedanken wegwischen. „Ich schaue jetzt in die Zukunft. Deswegen bin ich hier an der Hochschule“, sagt er.
Ab kommender Woche wird Ismail „besonderer Gasthörer“ in den Wirtschaftswissenschaften sein. „Ich will später mein eigenes internationales Import-Export-Unternehmen gründen“, sagt er zuversichtlich. Damit es mit dem Gasthören klappt, muss Ismail jetzt Deutsch lernen. Einmal die Woche kommt er dafür in die Hochschule. „Ihr müsst jeden Tag sprechen“, sagt ihr Lehrer. Die Schüler nicken eifrig. Für Ismail kein Problem: Er hat bereits deutsche Freunde an der Hochschule gefunden: „Und die werde ich jetzt treffen.“