Ehemaliger Ortsamtleiter repariert Fahrräder für Flüchtlinge

Von
Horst Wandrey, Ortsamtsleiter Uwe Martin
und Helmut Deymann reparieren Fahrräder
für Flüchtlinge. Fotos: Drügemöller

Ein Achtzigjähriger, ein ehemaliger Ortsamtsleiter und ein Chemiker im Ruhestand reparieren im Flüchtlingsheim Wardamm in Huchting zweimal die Woche Fahrräder – bei jedem Wetter sind sie draußen.

Dass man am Wardamm ein Fahrrad braucht, wird auf dem Weg dorthin klar. Zu Fuß ist das Übergangswohnheim für Flüchtlinge 20 Minuten von der nächsten Bahnstation entfernt. Für das kleine Taschengeld der Flüchtlinge sind Bahntickets zudem viel zu teuer.
„Ein Fahrrad bedeutet hier ein Stück Freiheit“, meint Uwe Martin, bis vor kurzem Ortsamtsleiter von Huchting.

Noch im Amt hatte er selbst vorgeschlagen, dass es eine Fahrradwerkstatt auf dem Gelände am Wardamm geben müsse. Die Gewoba stellte den kleinen Unterstand Anfang des Jahres auf.

Ein 80-Jähriger, ein Chemiker und der alte Ortsamtsleiter packen an

„Als Michael Buhrau von der Gewoba mich dann gefragt hat, ob ich nach meiner Pensionierung hier anfange, konnte ich natürlich schlecht Nein sagen – schließlich hatte ich es ja selbst vorgeschlagen.“ Martin muss lachen. Nun arbeitet er seit August mit Horst Wandrey und Helmut Deymann jeden Dienstag und Donnerstag in dem kleinen Unterstand.

Martin und Wandrey tüfteln am Fahrrad.

Wandrey kannte Martin schon länger. „Als ich hörte, dass er nun Fahrräder reparieren will, war ich sofort dabei“, erzählt der ehemalige Radrennfahrer, Maschinenbauer und Seemann. Schließlich hat der Achtzigjährige nach all diesen Lebensstationen die vergangenen 25 Jahre auch noch gebrauchte Fahrräder aufbereitet und verkauft.

Helmut Deymann wollte einfach helfen und informierte sich, wo das am besten ginge. Der Diplom-Chemiker im Ruhestand hätte eigentlich alles reparieren können – „aber Fahrräder waren einfach am dringlichsten.“ So wurde er der dritte Mann im Reparatur-Bund Wardamm. 

Mohammed lernt hier das Reparieren und ein bisschen Deutsch 

Genug zu tun gibt es für die drei Männer immer: Etwa 180 Flüchtlinge leben dort und alle möchten mobil sein. An diesem Donnerstagvormittag schauen fünf Männer, eine Frau und einige Jungs im schulpflichtigen Alter bei der kleinen Werkstatt vorbei – die meisten geben ihr Fahrrad nicht nur ab, sondern bleiben stehen und schauen zu.
Die Jungs können nicht zur Schule gehen,
vormittags schauen sie gerne zu.

„Die meisten Kinder hier können nicht zur Schule gehen“, erklärt Martin. „Die sind nämlich voll.“ Einer der Jungs, Mohammed, etwa vierzehn Jahre alt, hilft gerne dabei, an den Fahrrädern herumzutüfteln. „Er ist schon sehr handfertig. Natürlich sprechen wir dabei mit ihm Deutsch – so kann er die Sprache wenigstens ein wenig in der Praxis üben.“

Der vierjährige Essan saust auf seinem Rad bis gerad an die Gruppe heran. „Ah, da kommt ja mein Freund“, ruft Martin ihm zu. „Na, willst du nicht langsam deine Stützräder abhaben?“ Essan lacht und schüttelt energisch den Kopf. Er ist noch klein und lernt die Sprache sehr intuitiv. Neugierig fragt er auf Deutsch nach allem, was er sieht, lässt sich die Kamera der Journalistin erklären und beschreibt lebhaft, wo er mit seiner Familie wohnt.  

„Very good people – very good heart“

  Einer der Männer, ein Ägypter, muss die Sprache nun nicht mehr lernen: Er wird in den nächsten Tagen abgeschoben. Trotzdem möchte er noch sein Fahrrad reparieren lassen, es ist am Wardamm einfach zu wichtig. “I‘m scared, I‘m a little bit scared“, sagt er in Bezug auf seine Abschiebung. Dann weist er mit einem Schwung seines Arms auf die drei Helfer und das ganze Wardamm-Gelände: „They are very good people here – very good heart.“ Sehr gute Leute mit einem sehr guten Herzen.

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