Das Bundesamt in Bremen Foto: WR |
Die Mehrzahl der Bürger im Norden ist unzufrieden mit der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Aber: Die Werte sind in Bremen niedriger als in Hamburg und Niedersachsen. Bürgermeister Carsten Sieling lobt die „Weltoffenheit und Gastfreundschaft“.
Die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung stößt auf Skepsis: 56 Prozent der Bremer sind damit unzufrieden, wie eine Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des NDR zeigt. Allerdings: Die Skepsis ist in Bremen noch geringer als sonst im Norden. In Hamburg sind 59 Prozent der Bürger „weniger oder sehr unzufrieden“, in Niedersachsen 61 und in Schleswig-Holstein gar 66 Prozent.
Auch der Aussage „Ich empfinde die Flüchtlinge als Bereicherung für das Leben in Deutschland“ würden 58 Prozent der Bremer zustimmen, 57 Prozent der Hamburger, aber nur 50 Prozent der Niedersachsen. Und 59 Prozent der befragten Bremer glauben, dass sich die Flüchtlinge an das gesellschaftliche Leben in Deutschland anpassen. Nur 46 Prozent der Niedersachsen sind davon überzeugt.
Wenig Angst um Wohnungen, mehr um Straftaten
Bei den Detailfragen zeigt sich, dass weniger Bremer als Hamburger um neue Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt sorgen, wohl aber die Menschen ander Weser aber Angst vor einer Zunahme der Straftaten haben. 1004 Menschen hat Infratest Dimap für den NDR in Ende November in Norddeutschland befragt.
„Die Bundesregierung braucht in dieser schwierigen Frage einen möglichst breiten Rückhalt für ihre Politik in der Bevölkerung“, sagt Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) zu den Ergebnissen. „Deshalb ist das sicherlich ein gutes Zeichen und ich freue mich, dass Bremen hier einen besonders hohen Wert der Zustimmung aufweisen kann.“
Großes ehrenamtliches Engagement der Hansestadt
Carsten Sieling Foto: WR |
Dass die Einstellung in Bremen noch positiver als andernorts ist, führt der Bürgermeister auf eine Reihe von Gründen zurück: „Bremen hat immer schon vielfältige Kontakte in ferne Länder unterhalten und ist seit jeher bekannt für seine Weltoffenheit und Gastfreundschaft.“ Auch das ehrenamtliche Engagement der Hansestadt sei nach wie vor ungeheuer groß. Sieling: „Mich erfüllt das auch mit Stolz, das sage ich ganz ehrlich.“
Anders als Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) spricht Sieling auch nicht von einer „Grenze der Belastbarkeit“: „Wir sind deutlich gefordert, aber nicht überfordert.“
Einen Seitenhieb kann sich der SPD-Politiker nicht verkneifen: „Wenn die Unzufriedenheit auf den Streit der letzten Wochen innerhalb von CDU und CSU zielt, dann kann ich das gut nachvollziehen.“ Die Debatte über Transitzonen und Obergrenzen sei völlig unnötig, weil sie am Ende keine Antworten liefere.
„Resultat einer chaotischen Politik“
Jörg Kastendiek Foto: WR |
Das sieht CDU-Landeschef Jörg Kastendiek anders: Für ihn ist die Unzufriedenheit schlicht „Resultat einer chaotischen Flüchtlingspolitik des rot-grünen Senats“. Diese sei geprägt von fehlendem Mut für klare Entscheidungen und „falsch verstandener Humanität“. Kastendiek mahnt, dass etwa 40 Prozent, also rund 5.000 der Menschen, die 2015 ins Land Bremen gekommen sind, keinen Anspruch auf Asyl haben, weil sie aus sicheren Herkunftsländern zugewandert seien. Bremen versorge mehr Menschen als es müsse.
Er fordert konsequentere Rückführungen von Zugewanderten aus sicheren Herkunftsländern. Man solle sich auf die konzentrieren, die auf Grund von Krieg und Verfolgung nicht in ihr Land zurückkehren können. Was die Integration von Flüchtlingen angeht, stellt aber auch Kastendiek fest: „Die Bremerinnen und Bremer sind weltoffene und aufgeklärte Menschen, die immer wieder ihre große Toleranz unter Beweis stellen und neuen Mitbürger aufgeschlossen begegnen. Das darf man aber nicht überstrapazieren.“