Ursula Schnell verlässt das „Haus im Viertel“ und geht in den Ruhestand. Foto: Schlie |
Sie war fast zwei Jahrzehnte die gute Seele des „Haus im Viertel“ und hat dessen Konzept maßgeblich entwickelt. Ein herkömmliches Altersheim sollte die Einrichtung nie sein.
1998 sind die ersten Mieter im „Haus im Viertel“ eingezogen. Eine ehemalige Brotfabrik wurde abgerissen, die Seniorenewohneinrichtung der Bremer Heimstiftung gebaut und Ursula Schnell mit deren Leitung beauftragt. Sie wollte auf keinen Fall ein „herkömmliches Altenheim“ daraus machen, sondern „Wohnen mit Service“ anbieten. „Selbstbestimmt leben“, sollten jene, die die Einrichtung künftig ihr Zuhause nennen würden. Zu diesem Zweck ging Ursula Schnell unter anderem eine Kooperation mit dem „Paritätischen Pflegedienst“ ein, die immernoch besteht.
Ihre Vision: Ein selbstbestimmtes Leben für Alle
Und die gelernte Erzieherin mit Studium der Sozialpädagogik ist im Laufe der Jahre weitere Partnerschaften eingegangen – mit dem Deutschen Roten Kreuz, dem Kulturzentrum Lagerhaus und „Selbstbestimmt leben“.
Nachdem das „Haus im Viertel“ um die Räumlichkeiten des ehemaligen Fundamts erweitert wurde, gibt es neben dem Austausch mit besagten Initiativen einen Gastronomiebetrieb und eine Kita auf dem Gelände. „Jung und alt“ nutzen dieses inzwischen gemeinsam, was unweigerlich zu einem Miteinander der Generationen führt.
Die scheidende Leiterin des „Haus im Viertel“ erinnert sich in dem Zusammenhang an eine Geschichte, die nicht nur ihr ans Herz ging: „Ein Mieter, der sehr engen und langjährigen Kontakt zu den Kindern im Kindergarten hier im Haus hatte,äußerte auf dem Sterbebett folgenden Wunsch. Die Kleinen sollten seinen Sarg anmalen. Das haben sie mit vereinter Kraft unten auf dem Hof getan. Bei der Trauerfeier trug der farbenforhe Sarg sehr dazu bei, dass der Mieter sehr präsent war. Es war sehr tröstlich. Die Kinder haben auf verschiedenen Weise ,Tschüß‘ gesagt. Sterben, Trauer und Abschiednehmen gehört eben zu unserem Leben dazu.“
Mehr Zeit für persönliche Leidenschaften
Leben und Arbeiten, das bedeutete für Ursula Schnell immer auch „anpacken“. Dazu passt der Berufswunsch, den sie als Kind hatte: „Werklehrerin. Und ich wollte zu Albert Schweizer nach Afrika. Der war lange mein Vorbild.“ Aktuell ist sie natürlich damit beschäftigt, ihre Nachfolgerin Dörte Diekmann zu instruieren. Die ist seit dem 1. des Monats an ihrer Seite. Noch fünf Tage haben die beiden Damen für die „Übergabe“. Sie werden vermutlich buchstäblich schnell vorbeigehen.
Am Freitag ist Schluss. Für die gute Seele des Hauses beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Wohin dieser sie führt, kann die im Westerwald gebürtige Frau, die auch schon auf Amrum, in Tübingen, Berlin und in Siegen gelebt hat, aktuell noch nicht sagen. Sie will auf jeden Fall mehr Singen, ihre Leidenschaft für Kunst und Ausstellungen pflegen und nicht zuletzt gibt es auch noch Tochter samt Enkelkind am Bodensee. Es scheint also auf den klassischen „Unruhestand“ hinauszulaufen.
Bettina Gößler