Polizei warnt vor gefährlichen Lügen im Netz

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Gerüchte bei Facebook. Foto: Bohlmann

In der Waterfront kidnappen Rumänen Kinder für den Organhandel, in einer Straße wurde ein Mädchen von Asylanten vergewaltigt. Falschmeldungen wie diese verbreiten sich immer mehr auf Facebook und Co. Die Polizei warnt vor dem Teilen.

„Stille Post“ heißt ein Kinderspiel. Dabei flüstern sich nach und nach Menschen dasselbe Wort ins Ohr und am Ende der Kette kommt ein ganz anderes heraus. Nicht nur auf Kindergeburtstagen gibt es dieses Spiel, auch die Polizei hat immer öfter damit zu tun.

„An meisten Behauptungen ist nichts dran“

„Der Spaß hört auf, wenn es dabei um schwere Straftaten geht und Gerüchte und Halbwahrheiten über soziale Netzwerke endlos geteilt werden, ohne die Quelle zu kennen“, sagt Sprecher Nils Matthiesen. Die Polizei beschäftige sich schon länger mit dem Phänomen. „In den meisten Fällen ist an den Behauptungen nichts dran“, sagt er.

Geradezu ein „Klassiker in Bremen“ sei  die Meldung, dass an der Waterfront Rumänen Kinder für den Organhandel entführt haben sollen. Angeblich hätten sie den Kindern in Umkleidekabinen Spritzen gesetzt und die Haare abgeschnitten. Der Beitrag, der sehr oft geteilt wurde, wäre mit dem Hinweis „Achtet auf eure Kinder“ unterschrieben gewesen. Tatsächlich passiert sei eine solche Straftat nie.

Berichte ohne Quellen

Ebenfalls rumänische Kriminelle sollen in einem anderen Facebook-Gerücht an Bremer Tankstellen Schlüsselanhänger mit versteckten Spionierchips verteilt haben. So sollen sie spätere Einbruchsopfer ausgespäht haben. Woher die Informationen stammen, steht in beiden Berichten nicht.

Auch die Flüchtlingskrise bringt die digitale Gerüchteküche zum Brodeln:  „An uns wurde schon die Meldung, dass in der Straße XY ein Mädchen von einem ‘Asylanten’ vergewaltigt worden sein soll, herangetragen“, sagt Matthiesen.

 

„Geschriebene Geschichten wirken seriöser“

Grundsätzlich gehe die Polizei diesen Gerüchten nur nach, wenn es einen begründeten Verdacht auf eine wirkliche Straftat gebe. Bei Sexualdelikten seien die Beamten besonders vorsichtig. „Uns muss eine Strafanzeige vorliegen und auch dann steht für uns der Opferschutz im Vordergrund“, so Matthiesen. Es sei in der Regel nicht im Interesse eines richtigen Opfers,  so eine Tat auf Facebook zu teilen.

„Geschriebene Geschichten wirken seriöser, als Mundproganda“, erklärt Barbara Witte. Sie ist Professorin für Onlinekommunikation an der Hochschule Bremen. „Die gefühlte Anonymität macht es einfacher, sich zu äußern“, so Witte. Wenn jemand den Post eines Freundes teile, gehe er eher davon aus, dass die Geschichte stimme. „Die Originalquelle wird dabei gar nicht überprüft“, so Witte. Facebook sei ein Schneeballsystem, dessen Effekte schwer zu stoppen seien.

Strafrechtlich nicht relevant

Strafrechtlich relevant sei das Streuen solcher Gerüchte nicht, so die Rechtsanwältin Barbara Kopp. „Nur wenn es einen klaren Urheber gibt, kann ein Betroffener Anzeige erstatten.“ Das falle als Verleumdung unter das Zivilrecht. Die Polizei rät, bei dubiosen Meldungen vorsichtig zu sein. Es handele sich bei einem Großteil um „hoaxes“, urbane Legenden, deren Seriösität man prüfen sollte.

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