Am 21. Februar 1996, am Sonntag vor genau 20 Jahren, musste der Bremer Vulkan den Vergleichsantrag beim Amtsgericht stellen. Der Niedergang des Werftenkonzerns war bereits in vollem Gange, und mündete im August 1997 in der Stilllegung der Werft in Bremen Nord. Rudolf Hickel erinnert sich in seinem Gastbeitrag für den Weser Report.
Von Rudolf Hickel
„Den Aufstieg und den Absturz der Vulkan Holding habe ich persönlich auch mit Kommentaren kritisch begleitet. Meine frühen Warnungen sind auf viel Ablehnung in der bremischen Politik und durch den Vorstandsvorsitzenden Friedrich Hennemann gestoßen.
Zum Zusammenbruch führten mehrere Gründe: Es fehlte an einer ernsthaft kritischen Kontrolle des Unternehmens nach innen sowie nach außen. Eine Beobachtung der weltweiten Entwicklung der Werftindustrie stand nicht im Mittelpunkt.
Nach dem Alptraum AG Weser, die Werft wurde 1983 geschlossen, galt es, die letzte Werft in Bremen um jeden Preis zu retten.
Bestens als ehemaliger Staatsrat für Wirtschaft und Häfen mit der Bremer Politik verquickt bot Hennemann dazu die große Vision vom Meer als Transportsystem vergleichbar den Autobahnen an. Beim Unternehmen ging es nur noch um Größe.
Schiffe wurden viel zu billig verkauft
Werften wurden ohne Blick auf die Chancen im Wettbewerb hinzugekauft (1984 Lloydwerft in Bremerhaven, 1986 Schichau-Seebeckwerft in Bremerhaven). Die ziemlich intransparente, autoritär geführte Vulkanholding bot dem Vorstandsvorsitzenden auch über das zentralisierte Cashmanagement Möglichkeiten, um Finanzierungslöcher außerhalb des Werftbereichs zu stopfen. Um mit einem viel zu niedrigen Preis Schiffe zu verkaufen, ist getrickst worden.
All dies zeigt: Der Absturz des Vulkan ist ein Lehrstück für eine Unternehmensgigantonomie, die politisch abgesichert worden ist. Es war nicht nur, wie damals auf den Protesttransparenten stand, ein Versagen der „Nieten in Nadelstreifen“ in der Vorstandsetage. Die Politik in Bremen hat völlig unkritisch den Friedrich Hennemann gewähren lassen.
Zahl der Beschäftigten schmolz rapide
Mit der Übernahme der wichtigsten Ostwerften ist Hennemann Opfer seiner Ideologie “big is beautiful“ geworden. Denn längstens waren die durch Japan, Südkorea und vor allem China herangewachsenen Überkapazitäten vor allem im Containerschiffbau bekannt. Die Werftenkrise war in vollem Gange, die Zahl der Beschäftigten schmolz rapide. Die Lehre ist, frühzeitig hätte eine Spezialisierung im Schiffbau verfolgt werden müssen.
Diese Kritik passte nicht in Hennemanns Vision von der Expansion des Welthandels mit dem Verkehrsmedium Meere. Allerdings hat die Vulkanzentrale selbst Investitionen zur Stärkung der Standorte in Bremerhaven nicht mehr realisiert. Damals zeigt die Meyer-Werft mit ihrer Spezialisierung auf Kreuzfahrtschiffe die Alternative.
Vision des „ozeanischen Jahrhunderts“
Die heutige gute Nachricht: Die Chancen sind durchaus groß, dass in diesem Jahr mit der Lloyd-Werft in Bremerhaven im Eigentum der asiatischen Genting-Group eine weitere erfolgreiche Werft im Zentrum des weltweiten Kreuzfahrtschiffbaus entstehen wird. Friedrich Hennemann schwelgte in der Vision eines „ozeanischen Jahrhunderts“. Er wäre wohl als innovativer Visionär in die Geschichte eingegangen, hätte er auf die Spezialisierung durch einen hochwertigen Schiffbau gesetzt.
Wie sieht es heute aus? Nach dem Zusammenbruch gab es in Vegesack durchaus erfolgreiche Bemühungen, neue Unternehmen auf der Werftfläche anzusiedeln. Dadurch wurde ein Teil der verloren gegangenen Arbeitsplätze wieder geschaffen. Allerdings ist das von den alten Zeiten der Gigantonomie geprägte Verwaltungsgebäude viele Jahre nicht mehr genutzt worden. Jetzt wird es als Aufnahmezentrum Flüchtlinge umgewidmet.
Unternehmensansiedlungen und Wohngebiet
Heute noch ist Schock des Vulkanabsturzes in Bremen Nord zu spüren. Die Landesregierung setzt mit dem Bürgermeister und dem Senatsbeauftragen für Bremen Nord auf eine Bündelung der Kräfte zur Stärkung der Stadtteile im Norden ein. Auf der Basis einer Bestandsanalyse müssen die Chancen für allerdings nicht einfache Unternehmensansiedelungen und attraktivem Wohngebiet gefördert werden.“