Dunkles Blöken und helles Mähen ertönt auf den ansonsten stillen Brokhuchtinger Wiesen. Lämmer springen über den Deich, folgen ruhig ihren Müttern oder legen zum Schlafen die Köpfe zusammen. Ein Jungtier saugt Milch bei seiner Mutter und wackelt mit dem Schwanz, andere Lämmer knabbern versuchsweise schon an den Gräsern herum.
Die kleine Herde von Slavko Janjatovic besteht derzeit in der Mehrzahl aus Lämmern. Es ist ein besonders fruchtbares Jahr: Die meisten seiner Schafe haben dieses Jahr Drillinge bekommen, eines sogar Vierlinge. Da Schafe nur zwei Zitzen haben und auch nicht Milch genug für drei Lämmer produzieren, musste der Hobby-Schäfer die überschüssigen Lämmer an Bekannte abgeben, die sie nun mit der Flasche aufziehen.
Vergangenes Jahr hat sein Sohn ein Lamm aufgezogen
Vergangenes Jahr hatte sein Sohn Alexander dieses Glück. „Milka“ hat er das weiße Schaf getauft, das er täglich nach der Schule mit Milch gefüttert hat. Der Junge hat die Liebe zu Schafen und Pferden von seinem Vater geerbt.
Als er an diesem Osterferientag ein paar alte Brötchen an die Herde verteilt, ist Milka stets ganz vorne dabei – und auch als die Knabberwaren aufgebraucht sind, kommt das Friesenschaf bereitwillig zu ihm und lässt sich ein wenig massieren. „Schafe erinnern sich, wer sie aufgezogen hat“, meint Janjatovic. „Sie spüren es, wenn man ihnen Zuneigung entgegenbringt.“
Auch untereinander sind die Tiere keinesfalls so gleichgültig, wie es ihnen gelegentlich nachgesagt wird. Zum Schlafen teilt sich die Herde nach Familien auf. „Friesis Tochter zum Beispiel bringt ihre eigenen Lämmer immer mit zur Großmutter“, erklärt Janjatovic.
Schafhaltung aus Leidenschaft
Janjatovic hat seit seiner Kindheit in Serbien mit Schafen und Pferden zu tun. In Deutschland hat er lange Zeit in den Werften gearbeitet. Seit zwölf Jahren betreut er „nebenbei“ die kleine Herde im Überschwemmungsgebiet in Brokhuchting. Die Schafhaltung ist sein Hobby – sein Sport, wie er es nennt.
Es ist ein aufwendiger Sport. Die Schafe müssen regelmäßig entwurmt werden, ihre Klauen müssen beschnitten werden, und er fährt regelmäßig vorbei, um zu beobachten, ob es irgendwelche Krankheiten gibt. Vor allem aber das Pflegen der Zäune macht Arbeit – „ich habe mehr Zaunkilometer als Schafe“, gibt er zu bedenken.
Der Schäfer schert seine Schafe per Hand
Abgelammt haben seine Schafe alle innerhalb der letzten drei Wochen. Die nächste große Aufgabe steht aber schon wieder vor der Tür. „Die Schafe warten schon darauf, dass sie geschoren werden – aber noch ist es ein bisschen zu kalt.“
Für die Schur nutzt er ganz klassisch eine Handschere. Es gibt zwar eine Schermaschine, aber keinen Strom. „Und das Stromaggregat ist mir zu laut“, verrät der Schäfer. Auch Sohn Alexander hat schon gelernt, wie das Scheren per Hand funktioniert.
Die Herde verbringt das ganze Jahr draußen
Nur zusätzlich füttern, das muss Janjatovic nicht. „In der serbischen Steppe an der Grenze zu Ungarn war das früher anders“, erzählt er. „Aber die norddeutschen Wiesen sind immer grün genug.“ Die Schafe sind das ganze Jahr über draußen. Im Winter kommen sie zum Nachweiden auf die großen Wiesen der Bauern und im Frühjahr werden sie dann auf ihre Sommerweide an den Überschwemmungsgebieten ausgewildert.
Die Lämmer, die dieser Tage ein Schicksal als Osterlamm ereilt, haben meist ein anderes Schicksal. Sie wurden im Herbst geboren – und „die meisten von ihnen sind reine Mastlämmer, die keinen Tag eine Wiese sehen“, beklagt Janjatovic. Stattdessen stünden sie im Stall und bekämen Kraftfutter, um möglichst schnell ihr Schlachtgewicht von mehr als dreißig Kilo zu erreichen.
Janjatovic‘ Osterlamm wurde schon im Herbst geschlachtet
Zu Ostern wird auch die Familie Janjatovic ein Osterlamm essen. Das wurde aber schon im Herbst geschlachtet – und eingefroren. „Schaffleisch ist das Fleisch, dass man am längsten tiefkühlen kann – viel länger als Schwein oder Huhn“, weiß der Schäfer zu berichten. Auch die älteren Tier lassen sich im Übrigen essen. „Aber man muss sie anders zubereiten. Alttiere kommen in Mettwurst oder Bratwurst, dann sind sie auch noch sehr lecker.“
Alexander ist inzwischen von der Schafweide zurück gekehrt. Die anderen Kinder in der Schule seien nicht neidisch auf seine Lämmererfahrung. „So sehr kriegen die das gar nicht mit. Nur, wenn wir nach dem Wochenende erzählen, was wir gemacht haben, waren die einen zum Shoppen im Einkaufszentrum, die anderen haben den neuesten Film im Kino gesehen – und ich war halt bei den Schäfchen“, erzählt Alexander.