Als Blinder in ein Museum gehen? Wer denkt, das sei ein Widerspruch, kennt das Angebot der Kunsthalle Bremen nicht. Unter dem Titel „Kunst erfassen“ können Menschen mit unterschiedlichsten Sehbehinderungen genau das.
„Zum Beispiel bilden wir das Gemälde ‚Stilleben mit Äpfeln und Bananen‘ von Paula Modersohn-Becker mit Obstkorb, Tonkrug und verschiedenen Früchten Maßstabsgetreu nach“, erklärt Kunstvermittler und Museumspädagoge Rainer Kosubek. Anhand der so zu ertastenden Gegenstände können die Teilnehmer eine Bildvorstellung bekommen, sogar unterschiedliche Perspektiven wahrnehmen.
Skultpuren von Rodin können ertastet werden
Um dagegen beispielsweise die Oberflächenstruktur eines Emil Schumacher-Werkes nachempfinden zu können, werden den Besuchern eigens präparierte „Testbilder“ vorgelegt, die sie ertasten können. „Wir sehen das Sandige, Samtige, Rauhe der Farbschichten, sie fühlen es“, so Kosubek.
Der Tastsinn wird auch angesprochen, wenn es um Auguste Rodin-Skulpturen geht, die von den Teilnehmern mit Latexhandschuhen angefasst werden dürfen. „Ganz erstaunlich: Selbst komplett Blinde können die Pose der Skulptur viel genauer nachstellen als Sehende“, weiß Kosubek, der aus diesen Terminen auch viel für seine anderen Führungen mitnimmt.
„Ich bin seit 17 Jahren hier und habe die Kunstwerke schon oft besprochen. Aber es ist ein Unterschied, ob ich die Oberfläche einer Rodin-Skulptur nur beschreibe oder auch weiß, wie sie sich anfühlt.“
Auch Workshops für Sehbehinderte in der Kunsthalle
Die nächste Führung für Sehbehinderte findet am 5. April, 18.30 Uhr, statt. Ergänzend dazu gibt es als neues Angebot auch einen quartalsweise stattfindenden Atelierworkshop an. Das Auftakt-Thema am 16. April, 10 bis 14 Uhr: Porträt und Selbstporträt.
Infos und Anmeldungen gibt es unter www.kunsthalle-bremen.de