Das Vegesacker Overbeck-Museum führte in Bremen bislang ein eher unauffälliges Dasein. Mit ihrem neuesten Coup rückt Museumsleiterin Katja Pourshirazi das Haus jedoch in den Fokus: Ab sofort erhalten Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren freien Eintritt.
Mit den Schulklassen fing es an. Dank einer Förderung der Heinz & Ilse-Bühnen-Stiftung haben diese schon seit Mai 2015 freien Eintritt. Und die Schüler kamen wieder. Nachmittags, am Wochenende, mit Eltern oder Freunden.
Direktorin: „Unter-18-Jährige haben freien Eintritt“
„Wir haben gemerkt, dass sich die Kinder gerne bei uns aufhalten. Wir wollen uns an ihnen nicht bereichern, deswegen haben ab sofort alle Unter-18-Jährigen freien Eintritt“, sagt Pourshirazi. „Wir machen auf jeden Fall Gewinn: Wir verzichten jetzt in Maßen auf Einnahmen, ziehen aber ein künftiges Publikum heran.“
Auch Familien mit vielen Sprösslingen können sich einen Besuch leisten, wenn nur die Erwachsenen zahlen müssen. „Der Trend wird und muss dahin gehen“, so Pourshirazi. „Sonst wird es zu viele Kinder geben, die abgehängt werden.“
Kulturstaatsrätin sieht Problem
Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz sieht den Bedarf: „Es ist eine gute Sache für einkommensschwache Familien. Andererseits finde ich es problematisch, Kindern reicher Familien, die Geld für Fußball- und Konzertkarten ausgeben können, zu vermitteln, dass Kunst nichts wert sein soll.“
Am Berliner Institut für Museumsforschung diskutiert und erforscht man den freien Eintritt in Museen. „Ein richtiger Schritt ist es auf jeden Fall“, sagt Mitarbeiterin Andrea Prehn. „Aber mehr in ideeller Hinsicht.
Umsetzung scheitert meistens am Geld
Jugendliche zwischen zwölf und 16 sind viel zu sehr mit sich selber beschäftigt, als dass sie gerne ins Museum gingen, da reicht ein freier Eintritt als Anreiz nicht aus“, sagt sie. Andererseits reiße ein solches Angebot deshalb auch kein Loch in die Haushaltskasse: „Denn da kommen nicht viele.“
Andere Bremer Museen stehen dem Vorstoß zwar offen gegenüber, meist scheitert die Umsetzung jedoch am Geld. „Wir haben jährlich alleine zwei Millionen Euro reine Gebäudekosten. Wir können auf die Einnahmen leider nicht verzichten“, sagt Gabriele Müller, kaufmännische Geschäftsführerin des Übersee-Museums.
Sponsoren müssten gegenfinanzieren
Wenn es allerdings eine Gegenfinanzierung, beispielsweise über Spenden gäbe, könnte sie sich diesen Schritt durchaus vorstellen. Ebenso die Kunsthalle. Deren Direktor Prof. Christoph Grunenberg hat lange in England gearbeitet, wo es in vielen Institutionen freien Eintritt in die ständige Sammlung für alle, auch für Erwachsene, gibt.
„Wir wären sofort für Gespräche bereit, würden Sponsoren oder Unterstützer freien Eintritt für die Besuchergruppe 6 bis 21 Jahren gegenfinanzieren.“, sagt Pressesprecherin Jasmin Mickein. Das Focke-Museum kann einen Teilerfolg verzeichnen: Durch eine Förderung des Vereins Freunde des Focke-Museums haben Schulklassen ab diesem Monat freien Eintritt in die Dauerausstellungen.