Weser Report: Knapp ein Jahr nach der Wahl – was sind denn die größten Fehler des Senats?
Die Regierungskoalition hat in vielen Punkten nicht geliefert. Ob die Pleite bei der Entwicklung der Innenstadt mit dem Lloyd-Hof, die verschleppte geschlossene Unterbringung für straffällige minderjährige Flüchtlinge oder der vorgelegte verfassungswidrige Haushalt. Insgesamt vermag ich den Neuanfang, den Bürgermeister Sieling ja angekündigt hat, beim rot-grünen Bündnis nicht erkennen. Die Koalition streitet mehr als dass sie gestaltet.
Die Innere Sicherheit ist ein drängendes Thema. Mehr Polizisten wären nötig, doch der Haushalt gibt nicht mehr her.
Das ist eine Frage der Prioritäten, die der Senat setzt. Der Innensenator macht gern Ankündigungen. Die Menschen spüren aber, dass eine Lücke zwischen Ankündigungen und Taten klafft. Und es passiert erst etwas, wenn der Druck groß genug geworden ist. Gegen die Antanzdelikte zum Beispiel hätte man schon vorgehen können, als sich das Problem abzeichnete, nicht erst, nachdem es massiv wurde. Auch unter den Polizisten gibt es genug Frust, wenn jugendliche Täter 15 Mal erwischt werden müssen, bevor etwas passiert – und eine geschlossene Unterbringung weiter fehlt.
Nun schaut zumindest die Finanzsenatorin doch eisern aufs Sparen.
Eine Finanzsenatorin muss mehr liefern, als nur aufs Sparen zu schauen. Dazu gehört, dass sie einen verfassungsgemäßen Haushalt vorlegt. Dazu gehört, vor den zahlreichen Haushaltsrisiken, wie das Millionengrab am Klinikneubau, nicht die Augen zu verschließen. Und dazu gehört, nicht nur stapelweise Ankündigungen und Papiere zu produzieren, sondern umzusetzen: Die Verwaltung muss modernisiert werden. Es gibt immer wieder Vorschläge, Bereiche zu zentralisieren, aber es passiert nichts. Auch die Digitalisierung kommt nicht voran. Die Ausgabenseite bekommt Bremen nicht in den Griff.
Muss Bremen nicht vor allem die Einnahmeseite stärken?
Ja, aber das Misstrauen, dass der Senat gegenüber privaten Investoren an den Tag legt, ist schon einzigartig. Andere Städte sind da weniger dogmatisch und stellen mit Privaten tolle Sachen auf die Beine. Damit schaffen sie es Krankenhäuser, wie in Berlin die Charité, mit einer schwarzen Null laufen zu lassen. Doch das treiben weder die SPD noch die Grünen voran. Die Grünen sind in Bremen strukturkonservativ und Anfang der 90er Jahre stehen geblieben.
Nun ist aber bei den jüngsten Landtagswahlen die Konkurrenz rechts von Ihnen ziemlich stark geworden.
Ja, und man muss das ernst nehmen, aber auch richtig einordnen. 80 bis 90 Prozent der Wähler der AfD sind nicht rechtsradikal. Diese Partei ist die einzige Kraft, die ihre Ablehnung gegen den Zuzug von Flüchtlingen sehr deutlich zugespitzt hat. Zugleich steht sie für eine Politik, die nicht einmal in den 50er Jahren mehrheitsfähig war. Mit den Sorgen ihrer Wähler und mit dem Programm muss man sich auseinandersetzen. Das gilt für alle Parteien.
Die AfD macht es den bestehenden Parteien schwierig, ihre gewohnten Bündnisse fortzusetzen.
Deutschland hat aus der Stabilität und der Kontinuität immer besondere Vorteile gezogen. Schadenfreude über das Abschneiden einzelner Parteien, wie der SPD, ist nicht angebracht. Man muss sehen, welche demokratischen Parteien eine Mehrheit bilden können. Die SPD hat ihre eigenen Probleme, sie weiß nicht genau, was sie sein will – eine linke Partei oder eine Partei der Mitte.
Die CDU ringt aber auch über ihren Kurs.
Wenn man wie die CDU den Weg in die Mitte geht, muss man sehen, wie man den konservativen Flügel dabei mitnimmt. Bei uns gibt es aber keinen grundsätzlichen Streit zwischen links und rechts.
Jetzt ist Ostern – gibt es etwas, was Sie den Bürgern wünschen?
Ich wünsche vor allem besinnliche Ostern, dass man den Gedanken des Osterfestes und den Zusammenhalt der Gesellschaft nicht aus den Augen verliert. Das gilt gerade angesichts der jüngsten Ereignisse in Brüssel.