Bevor die Deputation den Sanierungsbeschluss fasst, hätte geprüft werden müssen, ob sich die Immobilie nicht als Horthaus geeignet hätte, findet Rainer Müller (SPD), Sprecher des Neustädter Fachausschusses für Soziales und Bildung. Der Mangel an Räumen zur Kinderbetreuung im Stadtteil sei groß, sagt der Sozialpolitiker.
Die senatorische Behörde habe für die Neustadt bis 2020 einen zusätzlichen Bedarf von 400 Kindern zwischen 0 und 6 Jahre ermittelt – Flüchtlingskinder noch nicht eingerechnet. „Das entspricht vier zusätzlichen Einrichtungen“, rechnet Müller vor. „Wir Ortspolitiker drängen deshalb darauf: Fangt an zu bauen. Bis 2020 ist nicht mehr lange hin.“
Ortspolitik fordert ein Horthaus
Darüber, dass die Beiratspolitiker nur zufällig erfahren haben, dass die Stadt jetzt eine große Summe Geld in die Hand nimmt, um ein stadteigenes Gebäude an der Schulstraße 20 zu sanieren, ist Müller sauer. „„Es ärgert mich, dass wir immer wieder auf den Raumbedarf hinweisen und die Stadt kommt nicht einmal auf die Idee, bei einer geplanten Maßnahme wie dieser zu prüfen, ob sich die Immobilie nicht auch als Horthaus nutzen lässt“, schimpft er.
Ein Horthaus brauche der Stadtteil nämlich dringend. Sein Gedanke: Wenn alle Schulkinder in einem zentralen Stadtteil-Horthaus betreut werden, könne der frei werdende Platz in den Kitas genutzt werden, um dort zumindest einen Teil der bis 2020 benötigten Betreuungsplätze für kleinere Kinder einzurichten.
Komplette Immobilie muss saniert werden
Die Sanierung des Gebäudes an der Schulstraße soll gut 520.000 Euro kosten. Peter Schulz, Sprecher von Immobilien Bremen, schätzt, dass die Immobilie um die Jahrhundertwende gebaut worden ist. „Es ist sehr sanierungsbedürftig“, erklärt er. Im Prinzip muss alles renoviert werden: Dach, Fassade, Fenster, Wasserleitungen, sanitäre Einrichtungen, Elektroleitungen und Dämmungen. „Ein echtes Komplettpaket“, so Schulz.
Sorgen macht den Experten insbesondere die Feuchtigkeit im Keller. Erste Schimmelprobleme zeigen sich bereits und drohen, ins momentan leerstehende Erdgeschoss einzudringen.
Drei Varianten hat die Stadt für die Zukunft des maroden Gebäudes geprüft: Die Sanierung und Vermietung an Dritte, die Sanierung und Vermietung zur Flüchtlingsunterbringung und den Abriss des Gebäudes. Auf Nachfrage heißt es darüber hinaus bei Immobilien Bremen: „Der Zuschnitt der Wohnungen ist für eine Kinderunterbringung nicht geeignet“, so Schulz. „So groß sind die Räumlichkeiten nicht.“ Außerdem erfordere eine solche Nutzung, dass zusätzliche Sanitärräume und eine Mensa eingerichtet würden.
Verkauf der Immobilie ist keine Option
Dass die Stadt eine halbe Million Euro für die Sanierung ausgebe, sei gerechtfertigt, betont Schulz. „Von der Wirtschaftlichkeit her ist es nicht so, dass man es abreißen müsse.“ Ein Verkauf der Immobilie scheide wegen seiner besonderen Lage in den Neustadtswallanlagen ohnehin aus. Das ist bereits 2006 einmal geprüft worden.
Rainer Müller betont, dass es der Ortspolitik nicht darum gehe, die beiden verbliebenen Mieter aus der Immobilie zu drängen. „Aber man hätte zumindest gucken können, ob es nicht für zwei Mietparteien einfacher ist, Alternativen zu finden.“ Dass die Stadt die Sanierungskosten über die Privatvermietungen wieder reinholt, bezweifelt er. Peter Schulz ist da optimistischer. Die geplante Sanierung habe eine Lebensdauer von 30 bis 40 Jahren. Laut Deputationsvorlage rechnet die Stadt mit Mieteinnahmen in Höhe von 19.445 Euro jährlich.