Wirtschaftssenator Martin Günthner (r.) hat sich von Boris Schimanski sein Geschäftsmodell erklären lassen. Foto: Niemann Wirtschaftssenator Martin Günthner (r.) hat sich von Boris Schimanski sein Geschäftsmodell erklären lassen. Foto: Niemann
Innenstadt

Aus dem Bremer Lloydhof wird das „citylab“

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Statt Lloydhof prangt jetzt der Schriftzug "citylab" über dem Eingang des Innenstadt-Einkaufszentrums. Was hinter den Türen passiert, die seit Mittwoch offen sind, hat wenig mit dem zu tun, wofür das Haus bisher stand.

Malte Blank ist Schuhliebhaber – und Jungunternehmer. Sein Marketing-Studium hat er gerade absolviert und seine Geschäftsidee – individuell gestaltete Sneaker – hat er schon länger im Kopf.

„Eigentlich hatte ich nur einen Webshop geplant“, sagt Blank. Das Konzept des neuen „citylabs“ habe ihn aber überzeugt. Deshalb hat seine Firma „BLNKS“ jetzt auch ein Ladengeschäft in dem Einkaufszentrum, das als Lloydhof in den vergangenen Jahren eher Negativ-Schlagzeilen machte.

„Wir stehen hier in einem Objekt, wo das, was wir uns miteinander vorgenommen haben, nicht funktioniert hat“, gab Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) bei der Eröffnung des „citylabs“ auch unumwunden zu. Investoren waren nicht für den Standort zu begeistern. „Geänderte Marktbedingungen und Probleme mit Ver- und Entsorgungsleistungen“ seien der Grund gewesen, heißt es bei der Wirtschaftsförderung Bremen.

„citylab“ soll Spielwiese für Unternehmer sein

Solange beim Wirtschaftssenator aber noch an neuen Ideen für eine langfristige Zukunft des Einkaufszentrums gearbeitet wird, sollen sich in der Immobilie im Rahmen des Zwischennutzungsprojekts „citylab“ Bremer Unternehmer und Einzelhändler ausprobieren dürfen.

Malte Blank, der persönlich vom Kunden gestaltete Sneaker verkauft, die nach seinen Worten von einer Manufaktur in der Pfalz genauso hochwertig hergestellt werden wie Herrenschuhe, ist nur einer von ihnen.

Erst Onlineshop, dann Ladengeschäft

Ein anderer ist Boris Schimanski. Ein richtiger Jungunternehmer ist er zwar nicht. Schon seit zehn Jahren vertreibt er unter dem Namen „Calafant Store“ Spielwelten aus Karton. Als sein Sohn eine Playmobil-Ritterburg wollte, baute er ihm stattdessen ein Modell aus fester Pappe.

Citylab

Bis Ende 2017 ist der Lloydhof ein „citylab“. Foto: Niemann

Heute gibt es mehr als 50 Modelle, darunter Autos und das Kika-Baumhaus. Kinder können sie mit Hilfe zusammenbauen und nach ihren Wünschen bemalen. Bisher hat Schimanski sie über den stationären Spielwarenhandel und online vertrieben.

„Ich wollte ein neues Ladenkonzept ausprobieren“, erklärt er. Kunden sollen seine Produkte anfassen und vor Ort ausprobieren können. „Und die Lage finde ich gar nicht schlecht“, sagt er über den Lloydhof.

Indonesische Lebensmittel und Accessoires

Tati Büsing-Kock will ab 20. Mai in dem Einkaufszentrum das „House of Indonesia“ betreiben. Gleich zwei Ladenflächen hat sie dafür angemietet. Noch sind sie nicht fertig. Demnächst wird es dort indonesische Lebensmittel, aber auch Möbel, Kleidung und Accessoires geben. Ihr Ziel: Indonesische Produkte in Europa bekannter machen.

Unterstützt wird sie dabei nach eigenen Worten vom indonesischen Wirtschaftsministerium. „Wir exportieren zum Beispiel schon seit Jahrhunderten Kaffee. Aber vielen in Europa ist das gar nicht bewusst.“ Bis November hatte Büsing-Kock noch ein Geschäft an der Violenstraße betrieben. Die neue Lage im Lloydhof gefalle ihr aber besser, sagt sie.

Günstige Mieten machen es Existenzgründern leichter

Im „citylab“ sollen Unternehmen wie diese eine Chance bekommen, die sich die Ladenmieten in 1a-Lagen wie der Obernstraße nicht leisten könnten. Laut Andreas Heyer von der WFB zahlen sie im Center zwischen 5 und 10 Euro Miete pro Quadratmeter. Anderswo in der City zahle man auch das Doppelte oder mehr.

Das Konzept sei „für Bremen etwas Besonderes“, sagte Günthner. „Es soll auch ein Laboratorium sein, wo herausgefunden werden kann, was im vernetzten Einzelhandel möglich ist.“ Gedacht ist es für Start-Ups, Existenzgründer, aber auch Firmen, die bisher in den Stadtteilen tätig waren und jetzt ausprobieren wollen, wie das Geschäft in der Innenstadt funktioniert.

Günthner will Dialog über Innenstadtentwicklung

„Wir brauchen einen Dialog über Innenstadtentwicklung“, forderte Günthner. Er sei deshalb „ausgesprochen dankbar“ für jeden kreativen Vorschlag.

Schuhe

Malte Blank vertreibt individuell gestaltbare Sneaker. Welche Gestaltungsmöglichkeiten es gibt, erklärt er Kunden im „citylab“. Foto: Niemann

Auch die CityInitiative unterstützt das Projekt. Ihr Geschäftsführer Dr. Jan-Peter Halves hält das „citylab“ für eine „wunderbare Zwischennutzung“. Er freut sich, dass im Lloydhof jetzt Geschäfte eröffnen, die man in einer klassischen Shopping-Mall eher nicht finden würde.

Möglich sei das vor allem deshalb, weil die WFB die Mietverträge so gestaltet hat, dass sich Mieter nicht „bis an ihr Lebensende verschulden müssen“. Die Mietzeiten sind flexibel vereinbar und kurzfristig kündbar.

19 Mieter im „citylab“

Insgesamt gibt es jetzt 19 Mieter im „citylab“. Gewartet wird noch auf einen Gastronom, der dabei mithelfen will, die Aufenthaltsqualität im Stadtlabor zu verbessern. Bereits geöffnet sind unter anderem „Die Kunsthandwerker“, die handgefertigte Unikate verkaufen, die Bilderwerkstatt Fobi-X, die unter anderem Scrapbooking-Workshops und Sofortbilder bietet, eine Filiale des Bekleidungsgeschäfts Emsikey, das Grafikatelier Sowas! und der Werkstattladen Wedderbruuk, der auf Möbel der 50er- bis 70er-Jahre spezialisiert ist.

Auch die Gemüseküche „Vengo“ und die Macher der Bremer Antikater-Drinks „Freigeist“ gehören zu den „Neuen“ im Lloydhof. Noch bis Samstag, 30. April, gibt es vor Ort ein spezielles Programm, mit dem sich die neuen „City-Laboranten“ vorstellen wollen.

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