Es ist Sonntag und Ort des Geschehens die Cramerstraße. Ein großer Tag für die Mitglieder der jüdischen Gemeinde, die sich alle zur Einweihung ihrer neuen Synagoge eingefunden haben. Oberbürgermeister Rudolf Königer und Bürgermeister August Jordan sind präsent, auch eine ganze Reihe von städtischen Mitarbeitern sowie viele Mitglieder des Stadtrates sind anwesend. Auch auswärtige jüdische Gemeinden haben Vertreter entsandt. Für die evangelische Kirchengemeinde ist Pastor Carl Wilhelm Georg Meyer vor Ort.
Architekt Bernhard Himmelskamp übergibt den Schlüssel, die Tür wird geöffnet und hinein geht es in das Gotteshaus. Ein Musikstück und ein Prolog von Dorothea Teller leiten die Feier ein. Dann werden die Thorarollen hereingetragen und das ewige Licht angezündet.
Die Inflation ließ den Traum von einer Synagoge wie eine Seifenblase zerplatzen
Die jüdischen Mitbürger hatten seit 1838 ein Fachwerkhaus in der Gartenstraße als Synagoge benutzt. Das Gebäude war aber für die stark gewachsene Gemeinde zu klein und überdies alles andere als schön. Schon vor dem Ersten Weltkrieg war der Wunsch nach einem Synagogenneubau aufgekeimt. Der verlorene Krieg und die Inflation machten allerdings Vermögenswerte der israelitischen Gemeinde zunichte und ließen den Wunschtraum wie eine Seifenblase zerplatzen.
Erst nach der Währungsumstellung 1923 wurden die Planungen für ein neues Haus weiter verfolgt. Am 23. Mai 1927 beschloss der Synagogen-Gemeinderat den Ankauf des Grundstücks Cramerstraße 20 von dem Tiefbauunternehmer Heinrich Bürgerhoff und belastete es sofort mit der Eintragung einer Feingold-Grundschuld in Höhe von 55.000 Goldmark zugunsten der Städtischen Sparkasse.
Delmenhorster Synagoge fällt einem Brandanschlag zum Opfer
1928 wurde der Neubau von Synagoge und Schulhaus nach Entwürfen des Architekten Bernhard Himmelskamp errichtet. Bei der Synagoge handelte es sich um ein stattliches, mit einer flachen Kuppel bekröntes Gebäude mit bleiverglasten Fenstern.
Die wirtschaftliche Rezession von 1929 und ihre Folgen waren für die jüdische Gemeinde verhängnisvoll. Sie ist schon bald nicht mehr in der Lage die fälligen Zinsen für ihre Hypotheken zu zahlen. 1934 muss sie weite Teile ihres unbebauten Grundstückes veräußern.
Die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 bringt dann, wie überall im Deutschen Reich, auch für die Delmenhorster Synagoge und die Gemeinde den Todesstoß. Die Nationalsozialisten vernichten in einer angeblichen Vergeltungsaktion für die Ermordung des Diplomaten Ernst Eduard vom Rath das Gotteshaus mit einem brachialen gemeinen Brandanschlag. Heute dienen die umgebauten Überbleibsel der ehemaligen Synagoge als Wohnhaus.