„Psychische Erkrankungen bei Studierenden haben in den letzten Jahren erheblich zugenommen“, sagt Sören Schmidt-Bodenstein. Er ist Leiter bei der Techniker Krankenkasse, die für eine neue Studie die Daten ihrer Versicherten ausgewertet hat.
Insgesamt sollen 22 Prozent der Bremer Studenten, also mehr als jeder Fünfte, eine psychische Diagnose erhalten haben. Gleichzeitig habe sich der Anteil der Antidepressiva-Verordnungen von 2006 bis 2013 um 48 Prozent erhöht. Als psychische Diagnose wertet die Studie Überweisungen der Versicherten zu weiterführende Psychotherapie oder den Kauf entsprechender Medikamente, wie etwa Antidepressiva.
Immer mehr Studenten psychisch krank
Dass die Zahlen von ihren Erfahrungen nicht weit abweichen, bestätigt Swantje Wrobel, Leiterin der Psychologisch-Therapeutischen Beratungsstelle des Bremer Studentenwerks: „In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Ratsuchenden verdoppelt.“ Etwa ein Drittel dieser Studenten vermittelt Wrobel zur weiterführenden Behandlung an Psychologen. „Das ist eine erschreckende Zahl“, sagt die Diplom Psychologin.
„Die meisten leiden unter Ängsten, depressiver Verstimmung, Stress oder Erschöpfung“, erklärt die Expertin. In vielen Fällen vermischen sich persönliche Probleme mit Studiensorgen. „Das ist ein Kreislauf. Wenn die Studierfähigkeit und die Kräfte fehlen, gehen schnell mal ein bis zwei Semester verloren, das führt zu noch mehr Ängsten“, so Wrobel. Im schlechtesten Fall könne das zum Studienabbruch führen. „Dann fühlen sich die Betroffenen als Versager“, sagt Wrobel.
Ursache für zunehmende Zahl nicht eindeutig
Die psychischen Erkrankungen äußern sich laut Wrobel dadurch, dass man morgens schlecht aus dem Bett komme, es nicht schaffe, seine Aufgaben zu erledigen oder Motivation fehle. „Das kommt bei vielen mal vor, problematisch wird es, wenn sich das über Jahre hinzieht“, so Wrobel. Viele der Studenten kommen aber erst in ihre Beratung, wenn es zu spät ist.
Warum immer mehr Studenten psychisch krank werden, lässt sich aus Sicht der Psychologin nicht leicht beantworten. „Verschiedene Studien haben ergeben, dass die Änderung der Studienbedingungen nicht der Grund für den Anstieg der Zahlen sind“, sagt Wrobel. Sie glaubt: „Die Studenten machen sich viel mehr Stress als früher.“
Sie rät den Studenten, die Hilfe suchen dazu, sich selbst den Druck zu nehmen und sich kleine Ziele zu setzen. „Man sollte das eigene Anspruchsniveau herunter schrauben und schauen, was man wirklich leisten kann“, rät Wrobel.