Weser Report: In zwei Monaten beginnt das Kindergartenjahr. Warum fällt erst jetzt auf, dass noch so viele Familien ohne Kita-Plätze sind?
Claudia Bogedan: Es fällt nicht erst jetzt auf, aber wir haben erst jetzt die exakten Zahlen. Die Eltern melden ihre Kinder im Januar in den verschiedenen Einrichtungen an. Diese Daten zusammenzuführen, ist ein aufwändiger Prozess.
Wäre es dann nicht sinnvoller, die Anmeldefristen vorzuziehen, damit mehr Zeit zum Nachjustieren bleibt?
Es ist schon jetzt sehr früh, wenn Eltern im Januar überlegen müssen, ob sie ihr Kind für August anmelden wollen Deshalb muss es andersrum sein: Wir müssen von Vornherein eine Versorgungslage hinbekommen, die verhindert, dass es zwischen Statusbericht und Beginn des Kindergartenjahres so eng wird.
Der Senat hat im vergangenen Jahr beschlossen, 13,4 Millionen Euro in den Kita-Ausbau zu investieren. War das zu wenig?
Die Planung ist schon jetzt obsolet, weil in Bremen – so wie in vielen deutschen Großstädten – mehr Kinder geboren wurden als erwartet. Es gab in den vergangenen Jahren einen massiven Wandel in der Familienpolitik. Die Kindertagesbetreuung wurde ausgebaut und das Elterngeld eingeführt. Das Elternverhalten hat sich dadurch verändert. Sie kehren früher in den Beruf zurück, auch weil Arbeitgeber das fordern. Man könnte sagen, die Politik hat nicht einkalkuliert, dass sie manchmal auch funktioniert.
Was sagen Sie den 236 Familien, die ohne Kita-Platz dastehen?
Die Zahl ähnelt der aus den vergangenen Jahren. Genau wie in den Wartelisten. Trotzdem kann ich verstehen, dass sich Eltern erschrocken haben, als sie die Zahl gehört haben. Ich selbst brauche schließlich auch im nächsten Jahr einen Betreuungsplatz für mein zweites Kind und weiß, wie man sich fühlt. Aber wir sind sehr optimistisch, dass wir das hinkriegen.
Wie soll das funktionieren?
Wir werden den betroffenen Eltern das Angebot machen, ihr Kind zum Beispiel im benachbarten Stadtteil oder in der Nähe des Arbeitsplatzes unterzubringen. Außerdem werden wir zusätzliche Plätze schaffen, indem Räume angemietet werden, zum Beispiel in Gemeindesälen von Kirchen. Außerdem gibt es einige Möglichkeiten, bestehende Horte von Kita Bremen in Grundschulen zu verlagern, um Platz für Kita-Gruppen zu schaffen – auch wenn es in den Grundschulen ebenfalls eng ist. Wie genau wir vorgehen, entscheiden wir in den nächsten zwei bis drei Wochen.
Ist das die kostengünstigste Lösung?
Die billigste Lösung wäre, die Gruppengröße zu erhöhen, so dass 21 statt 20 Kinder in einer Gruppe wären. Wir wollen aber keine qualitative Verschlechterung. Wenn es trotzdem in einigen Fällen dazu kommt, dass ein Kind mehr in eine Gruppe kommt, muss das auch personell hinterlegt werden, ist also nicht billiger.
Welches Budget steht Ihnen für diese Maßnahmen zur Verfügung?
Woher das Geld am Ende des Tages kommt, kann ich noch nicht sagen. Aber ich gehe davon aus, dass wir das im aktuellen Haushalt noch abgebildet bekommen. Eltern haben eben einen Rechtsanspruch, das heißt, wir können uns nicht aussuchen, ob wir die Plätze einrichten. Die Alternative wäre, dass Eltern die Stadt verklagen – und das wäre noch teurer.
Für Diskussionen hat gesorgt, dass Sie auch prüfen, Spielplätze mit Kitas zu überbauen. Warum priosieren Sie ausgerechnet Spielflächen?
Ich habe das gar nicht priorisiert. Die Planungen haben ihren Ursprung schon vor meiner Zeit. Trotzdem: Angesichts dieser Zahlen bin ich doch angehalten, alles zu prüfen. Und Grundstücke, die in der öffentlichen Verfügungsgewalt stehen, sind für uns leichter nutzbar als private. Ich würde allerdings nicht sagen, dass Spielplätze besonders geeignet sind. Es ist wichtig, dass es sie gibt. Aber es sind auch Lösungen möglich, bei denen Kita-Spielplätze auch am Nachmittag für die Öffentlichkeit geöffnet sind.