Gegenüber der letzten Prüfung von 2007 zeigt sich, dass nach wie vor mehr als die Hälfte der heimischen Vogelarten in der Roten Liste oder der so genannten Vorwarnliste aufgeführt sind. Nur rund 44 Prozent der Arten gelten als ungefährdet.
„Die Rote Liste muss einmal mehr als Warnung verstanden werden“, betont der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel. „Die menschliche Einflussnahme auf die Natur und der prognostizierte Klimawandel schaden der Biodiversität.“ Der Erhalt der natürlichen Vielfalt, gerade in der Vogelwelt, gehöre ohne Zweifel zu den zentralen Herausforderungen für den Naturschutz.
„Auch wenn die Anzahl der gefährdeten Arten nicht zugenommen hat, so haben sich doch einige Verschiebungen innerhalb des Artenspektrums ergeben“, resümierte Dr. Markus Nipkow, Leiter der Vogelschutzwarte, die Ergebnisse der aktuellen Erhebung. So konnten Uhu und Grünspecht aus der Roten Liste entlassen werden und auch für den Weißstorch, den Wanderfalken und den Eisvogel ist die Entwicklung positiv. Deutlich verschlechtert habe sich hingegen die Situation der Wiesenvögel sowie anderer Arten der Agrarlandschaft.
Wiesenvögel haben es heutzutage besonders schwer
Bettina Janßen, Sprecherin des Naturschutzbundes (Nabu) in Delmenhorst überraschen diese aktuellen Warnungen nicht: „Die Landschaft ist sehr aufgeräumt und es wird viel gebaut. Damit fallen natürlich auch viele Gebiete für die Tierwelt weg.“ So wundere es nicht, dass es gerade die Wiesenbrüter heutzutage besonders schwer hätten, denn statt einer Wiese finden die Vögel Maisfelder oder andere Monokulturen vor. Daher freue sich der Nabu sehr über Wiesenvogelschutzgebiete, wie man es beispielsweise am Regenrückhaltebecken in Delmenhorst-Schlutter habe.
Die immer wiederkehrenden Forderungen nach einem Wanderweg in diesem Gebiet, kann sie deshalb nicht nachvollziehen. „Ich kann verstehen, dass die Leute dort gerne spazieren gehen oder Rad fahren würden, zumal die Perspektive von oben sehr attraktiv ist“, erklärt Janßen. „Man muss aber auch Mal die Natur sich selbst überlassen, nur ist es schwierig, dass allen verständlich zu machen.“ Abgesehen von den gesetzlichen Auflagen, die das Hochwasserschutzbecken mit sich bringt, hätte ein Wanderweg eine starke Scheuchwirkung für die Vögel, zumal die Anlage auch noch trichterförmig sei. „Vielleicht könnte man dort aber wenige gezielte Führungen anbieten“, schlägt Janßen als Kompromiss vor.
Umdenken in der Bewirtschaftung von Feldern
„Die Bekassine, die feuchtes Grünland oder intakte Moore braucht, ist in den vergangenen 25 Jahren in ihrem Bestand um rund 80 Prozent zurückgegangen“, warnt Thorsten Krüger vom Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), der die Studie federführend erstellte. Ähnlich schlecht sei es um das Rebhuhn bestellt und auch ehemals häufige Arten wie Feldlerche, Kiebitz, Bluthänfling und sogar der Star verzeichnen deutliche Rückgänge. „Auch die neu in die Vorwarnliste aufgenommene Goldammer sowie der Stieglitz zeigen deutlich, dass wir ein Umdenken in der Bewirtschaftung von Feldern und Wiesen brauchen, wenn wir die Artenvielfalt in der Niedersächsischen Kulturlandschaft erhalten wollen“, erklärt Nipkow.
Die Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Brutvögel stützt sich auf Bestandszahlen, die von vielen Hundert ehrenamtlich tätigen Beobachtern erhoben wurden. Aus den Zahlen werden regelmäßig Bestandstrends für die vorangegangenen 25 Jahre ermittelt. Sie liefern die Grundlage für die Einstufung der Vogelarten in verschiedene Gefährdungskategorien.
Weitere Informationen: www.nlwkn.niedersachsen.de.