„Wir empfinden es als Geschenk Gottes, dass wir unsere Gnadenhochzeit in diesen Tagen gemeinsam erleben können“, sagt Dora Hein. Leicht hatte es das Paar, das sich 1945 kennenlernte, nämlich lange Zeit nicht.
„Kann ich eine Karotte haben?“ – Mit dieser Frage hat die Liebe damals begonnen. Rudolf Hein kam als Soldat auf einem Bauernhof in Timberhafen (Ostpreußen) in die Küche und Dora schälte gerade Karotten.
Sie war auf der Flucht, er war Soldat
Sie war mit ihrer Familie auf der Flucht auf dem Bauernhof untergekommen. „Ich wusste sofort, was ich wollte“, sagt der 94-Jährige und meint damit nicht das Gemüse.
Nach zwei Monaten musste Dora weiter fliehen. Bevor das Paar durch die Kriegswirren getrennt wurde, verlobte es sich. Dora zog zu einer Verwandten in Steinwitz bei Glatz. Auch Rudolf zog weiter – bis nach Kiel.
Abenteuer Wiedersehen
Am Ende des Krieges startete Rudolf dann eine abenteuerliche Tour aus der britischen in die russische Besatzungszone – um sein „Dorchen“, wie er die 92-Jährige liebevoll nennt, wieder zu treffen.
Mit Erfolg. Am 15. Juni 1946 feierten die beiden ihre Hochzeit – mit geliehener Kutsche und geliehenem Kleid. „Wir hatten alles, dabei hatten wir in Wirklichkeit nichts“, so Dora Hein. Als Geschenke bekamen die beiden Verliebten Torten, Braten und Schnaps.
Viel umgezogen, in Bremen geblieben
Die beiden sind viel umgezogen – meist, weil Rudolf als Postangestellter versetzt wurde. Neuenkirchen, Brake, Werlte und Bremen. Hier wohnen die beiden bis heute.
Dora Hein hat Probleme mit ihren Augen, Rudolf Hein sitzt im Rollstuhl. Deshalb leben die beiden im „Wohnen mit Service“ der Caritas Bremen und führen ein in weiten Teilen eigenständiges Leben – unterstützt von Helfern. Zum Beispiel kommt der ambulante Pflegedienst täglich mehrmals vorbei.
Vier Töchter, neun Enkel, zehn Urenkel
Am Mittwoch feiern die beiden ihre Gnadenhochzeit im Stadtteilzentrum St. Michael – ohne Geschenke, dafür mit vier Töchtern, neun Enkeln und zehn Urenkeln, die zum Teil aus Spanien und aus der Schweiz anreisen.
Sich mit erhobenem Zeigefinger hinzustellen und zu erklären, wie eine gute Ehe funktioniert, das ist nicht die Art des Jubelpaares. Auf Nachfrage verraten sie dann aber doch: „Natürlich hatten wir auch Meinungsverschiedenheiten. Wir haben nur über die Jahre festgestellt: Man darf nicht nur sich selber sehen, sondern muss immer auf den anderen zugehen.“