Bei der Pressekonferenz der Sonderkommission "Kardio" gaben die Ermittler einige erschütternde Erkenntnisse bekannt. Foto: Lürssen Bei der Pressekonferenz der Sonderkommission "Kardio" gaben die Ermittler einige erschütternde Erkenntnisse bekannt. Foto: Lürssen
Niels H.

Morde in Delmenhorst wären zu verhindern gewesen

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Die Mordserie des Krankenpflegers Niels H. am ehemaligen Klinikum Delmenhorst in den Jahren 2002 bis 2005 wären zu verhindern gewesen. Das erklärte Polizeipräsident Johann Kühme. H. tötete offenbar bereits in Oldenburg.

„Das Grauen hört nicht auf“, fasste Kühme im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz der im Oktober 2014 gebildeten Sonderkommission „Kardio“ mit der Staatsanwaltschaft den Zwischenstand der Ermittlungen zusammen. Niels H. hat demnach in Delmenhorst mindestens 33 Patienten auf der Intensivstation durch Gabe des Medikaments Gilurytmal getötet.

Das ergab die Exhumierung von 99 Patienten, die während der Dienstzeit von Niels H. verstorben waren und deren Krankheitsverlauf nicht zu den Umständen des Todes passte. Bei 65 Verstorbenen konnte der Wirkstoff Ajmalin nicht nachgewiesen werden.

Das bedeutet allerdings nicht, dass H. diese Menschen nicht doch vergiftet hat, um sie anschließend wiederbeleben zu können. Der Wirkstoff wird im Körper schnell abgebaut. Starben die Opfer erst Stunden nach der Reanimation, ist im Regelfall kein Nachweis mehr möglich. „Nur in einem Fall ist uns der Nachweis geglückt, obwohl zwei Stunden zwischen der Reanimation und dem Eintritt des Todes lagen“, erklärte Soko-Leiter Arne Schmidt.

Erster Mord in Delmenhorst bereits 2002

Die Ermittlungen förderten einige erschütternde Details zu Tage. Demnach beging H. seinen ersten Mord in Delmenhorst bereits in seiner siebten Schicht am Klinikum am 22. Dezember 2002. Bisher war von März 2003 als Beginn ausgegangen worden, auch aufgrund seines Geständnisses.

Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft gehen inzwischen davon aus, dass die Mordserie noch viel früher begann – im Klinikum Oldenburg, wo H. vor seiner Tätigkeit in Delmehorst arbeitete. Mehr noch: „Es spricht vieles dafür, dass die Taten in Delmenhorst zu verhindern gewesen wären“, sagte Polizeipräsident Johann Kühme.

Es hätten sich sich Indizien ergeben, dass Verantwortliche des Klinikums Oldenburg bereits frühzeitig wussten, dass es auffällige Zusammenhänge zwischen Reanimationen, Sterbefällen und der Dienstzeit von Niels H. gab. Im April sind der SoKo Unterlagen ausgehändigt worden, die belegen, dass bereits im Jahr 2001 intern untersucht wurde, ob ein Zusammenhang zwischen Todesfällen und der Anwesenheit einer bestimmten Pflegekraft hergestellt werden kann. Diese Erhebung belegt, dass es signifikant mehr Todesfälle in der Dienstzeit von Niels H. gab als bei allen anderen Pflegekräften seiner Station.

Nicht nachvollziebar, warum Polizei nicht eingeschaltet wurde

Es sei nicht nachvollziehbar, warum Polizei und Staatsanwaltschaft damals nicht eingeschaltet worden seien, so Kühme. „Möglicherweise war den Verantwortlichen der gute Ruf des Krankenhauses wichtiger“, vermutet er.

Doch auch die damaligen Delmenhorster Krankenhausverantwortlichen haben nach Ansicht der Ermittler nicht so schnell gehandelt, wie es wünschenswert gewesen wäre. Indizien deuteten darauf hin, dass es bereits 2003 Hinweise auf nicht fachgerechtes Verhalten von Niels H. gab. Spätestens ab Mitte 2005 hätten sich diese Hinweise so verdichtet, dass Maßnahmen zum Schutz der Patienten hätten ergriffen werden können.

Sonderkommission hat Ermittlungen ausgeweitet

Die Sonderkomission hat ihre Ermittlungen inzwischen deutlich ausgeweitet. Grund: Es besteht der dringende Tatverdacht, dass Niels H. während seiner Zeit in Oldenburg Patienten vergiftet hat. Neun verdächtige Todesfälle wurden untersucht. In vier Fällen geht die Polizei von Mord durch Kalium aus, in zwei Fällen von Mord durch Gilurytmal.

Wie zuvor in Delmenhorst sollen nun auch in Oldenburg sämtliche Sterbefälle untersucht werden, die sich während der Dienstzeit von Niels H. ereignet haben. Wie lange das dauern wird und wie viele Fälle  das sind, ist noch unklar. „Wir drehen jeden Stein um“, versprach Thomas Sander, Vertreter des leitenden Oberstaatsanwalts.

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