Die UASC Barzan an einem Eurogate-Terminal: Dieses Schiff kann bis zu 18.800 Container transportieren Foto: Eurogate Die Exportwirtschaft wird die Folgen des Brexits zu spüren bekommen. Foto: WR
Brexit

Hickel: Einbrüche nach Brexit für Bremer Wirtschaft

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Schäden bei Exporteuren und Investoren sieht der Bremer Wirtschaftsexperte Rudolf Hickel in Folge des Brexits. Ein kleiner Trost bleibt: Gewinner des Kursverlustes sind Touristen, die nach Großbritannien fahren wollen.

Für den Weser Report schreibt Rudolf Hickel in seinem Gastbeitrag über das Votum Großbritanniens gegen den Verbleib in der EU:

„Das Unfassbare, aber Erwartbare ist geschehen: Wenn auch mit einer knappen Mehrheit verlangen 51,9 Prozent den Austritt des Vereinigen Königreichs aus der EU. Vor dem Volksentscheid war schon klar, der Preis dieses Exits ist eine nachhaltige Schwächung der britischen Wirtschaft durch massive Wachstumsverluste, steigende Arbeitslosigkeit, Turbulenzen auf den Finanzmärkten und die Flucht in Goldanlagen.

Der Vertrauensverlust in das System United Kingdom hat das englische Pfund auf Tiefstwerte, die letztmals vor dreißig Jahren erreicht wurden, abstürzen lassen. Die schwerwiegendsten Belastungen der britischen Wirtschaft: Abwertung des Pfunds zusammen mit den durch den Ausstieg aus dem Binnenmarkt wieder einzuführenden Zöllen.

Auch die Bremer Wirtschaft wird die Folgen spüren

Auch die Wirtschaft in Bremen, vor allem die Exporteure von Waren mit einem Volumen von über 1,4 Milliarden Euro im letzten Jahr, müssen mit Erlöseinbrüchen rechnen. Die Gewinner des Kursverlustes sind die Euro-Touristen in Großbritannien.

Alles zusammengerechnet werden die ökonomischen Schäden riesig sein. Ausländische Direktinvestoren verlassen das Land. Der Finanzplatz London könnte massiv schrumpfen. Wie konnte es trotz dieser absehbar wirtschaftlichen Schäden zu diesem Votum „Raus aus der EU“ kommen?

Rationale Gründe spielten kaum eine Rolle

Rudolf Hickel   Foto: WR

Rudolf Hickel Foto: WR

Mit einem Wort, ökonomisch rationale Gründe spielten kaum eine Rolle. Vielmehr geriete der Frust über die Politik aus dem Londoner Regierungszentrum zusammen mit dem feindselig wahrgenommenen Brüssel zu den angstvollen Triebkräften. Als sei die EU eine Besatzungsmacht schwadronieren jetzt die EU-Aussteiger vom „Unabhängigkeitstag“.

In Wahrheit war die Regierung seit 1975 oftmals auch sehr lautstark bei allen EU-Entscheidungen dabei. Es flossen auch Finanzmittel für die Wirtschaftsstrukturpolitik aus Brüssel zurück in die britischen Regionen. Übrigens die Rechnung für die Mitgliedschaft hatte Maggy Thatcher 1984 auch zu Lasten Deutschlands reduziert.

EU-Institutionen haben auch Teilschuld

Massiven Einfluss auf den Exit hatte die Vorstellung, durch Renationalisierung stärker zu werden. Die EU-Institutionen müssen aber auch ihren Beitrag zum Frust in der Gemeinschaft vermessen. Die intransparente Gipfelkrisenpolitik sowie die autoritär wirkende Kommission haben die Exitanhänger bestärkt.

Der verbürokratisierten EU fehlt die Vision. Eine Lehre aus dem Brexit ist, die EU braucht einen Konvent mit dem Ziel, die Vergemeinschaftung durch Reformen zu stärken. Wie geht es ab Montag weiter? In spärlichen Worten beschreibt Artikel 50 des Lissabonner Vertrags die auszuhandelnden Regeln zwischen dem Austrittsland und der EU.

Austritt und Binnenmarkt geht nicht

Großbritannien spekuliert sicherlich auf den Umweg, sich über Freihandelsabkommen wieder den Vorteilen des Binnenmarkts anzunähern. Aber Austritt und Binnenmarkt geht nicht. Schließlich verweist der letzte Satz im Austrittsartikel auf den erneuten EU-Ein¬stieg, den Artikel 49 regelt.

Die Wiederaufnahme sollte zusammen mit einer stärkeren Demokratisierung auch zugunsten der jungen Generation Aufgabe bleiben. Denn gegenüber den über 65-Jährigen haben sich die Jungen für Europa entschieden.“

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