„Hier hat bis vor kurzem eine Königspython gelebt.“ Josef Vida weist auf einen Glaskasten mit knorrigen Ästen und Pflanzen. „Und dort waren Waldkäuze untergebracht.“
Der Weg durch Vidas Gartencenter, den „Huchtinger Zoo“ führt durch eine grüne Landschaft, vorbei an Edelsteinen, so groß wie ein Zehnjähriger, an Olivenbäumen, plätschernden Wasserläufen und Skulpturen – und immer wieder an leeren Gehegen.
Gibbons, Nandus, Java-äffchen – wenige Tiere sind noch da
Viele von ihnen sind wild bewachsen, seit die Tiere nicht mehr da sind. 38 Jahre lang hat Vida mitten in Huchting seinen eigenen Zoo aufgebaut. Nun wird der zum Ende des Monats geschlossen – Vida ist 73 Jahre alt und hat einfach keinen Nachfolger gefunden.
Nach und nach verschwinden die Tiere, Vida arbeitet schon seit acht Jahren daran, sie in verschiedenen Tierparks unterzubringen. Ein paar Nandus sind noch da, die um ihre drei Eier herumlaufen, einige Meerschweinchen, drei Javaneräffchen – und natürlich die Gibbons.
Die junge Äffin ist im Huchtinger Zoo geboren
„Wody ist gerade oben“, sagt Vida, als wir in den Werkzeugraum kommen. Ein Trappeln leichter Füße über unseren Köpfen setzt sich auf der Treppe fort – und plötzlich schaut Wody um die Ecke.
Schüchtern ist sie nicht: Die kleine Gibbon-Äffin springt auf den Tisch, hangelt sich auf Vidas Arme und greift nach der Kamera des Fotografen, sie springt ins Waschbecken, schleudert sich um den Treppenpfosten und landet auf der Stuhllehne.
Nachzuchten sprechen für gute Haltung
Wody ist eineinhalb Jahre alt und eine echte Huchtingerin. Die Menschenäffin ist im Gartencenter geboren – so wie vor ihr sieben andere Geschwister. Und so, wie einige Löwenjunge, Servale, Affen anderer Arten oder auch Papageien. „Wir haben immer viel Erfolg mit Nachzuchten gehabt“, erklärt Vida.
Nachzuchten, das ist in der Welt der Zoos die ganz harte Währung. Wenn Tiere in Gefangenschaft Nachwuchs zeugen und großziehen, dann spricht das dafür, dass sie sich wohlfühlen und der Zoo gute Arbeit macht. „Mit der Zeit hat man uns schon überregional wahrgenommen – und auch ernstgenommen“, erzählt der Leiter des Centers
Alles begann mit einem Elefanten
Vor 38 Jahren war das noch anders, als alles mit einem Elefanten anfing. Damals wollte Vida vor allem aufmerksam machen auf sein neues Gartencenter, das etwas rückwärtig lag. Der Neu-Bremer hatte erfahren, dass es in der Hansestadt keinen Zoo gab.
Ein Elefant, so seine Überlegung, könnte ein echter Anziehungspunkt sein. Ein vielleicht etwas spinnerter Gedanke, den viele wahrscheinlich schnell zu den Akten gelegt hätten. Vida aber informierte sich, besorgte sich Genehmigungen, nahm 18.000 D-Mark in die Hand – und kaufte seinen Dickhäuter
40 Tierarten lebten in dem Gartencenter in Huchting
Der erste Schritt war getan, die Gibbons, Königspython und – 40 Tierarten beherbergte der Huchtinger Zoo zu seinen Hochzeiten. Erste Kenntnisse hatte Vida schon („ich bin auf einem Bauernhof groß geworden, so riesig ist der Unterschied zwischen Kühen und Elefanten letztlich auch nicht“), für alle weiteren Infos telefonierte er mit verschiedenen Zoodirektoren.
Mit der Zeit wurde sein Tierpark im Gartencenter professioneller – bis zu 25 Beschäftigte hatte Vida, darunter auch ausgebildete Tierpfleger. Der Eintritt blieb immer gering: 3 Euro zahlen Erwachsene, Kinder 1,25. Die Tickets konnten als Wertbons für den Einkauf genutzt werden.
Vida über das Gartencenter: „Ein Käfig und ein Paradies“
Trotz der Angestellten: Verantwortlich blieb immer Vida selbst. „Keinen Tag Urlaub habe ich seitdem gemacht – ich wusste damals nicht, dass wir uns unseren eigenen Käfig schaffen.“
Dass er keinen Nachfolger gefunden hat, wundert ihn daher auch kaum. „Ein Pächter hätte Gärtner und Zoologe sein müssen, am besten auch noch Handwerker für all die anfallenden Arbeiten“, gibt er zu bedenken. „Und auch für die große Mineralienausstellung – die größte Norddeutschlands – braucht man Expertise.“
Beschweren möchte sich Vida über die vergangenen 38 Jahre im eigenen Käfig aber nicht. „Es war gleichzeitig auch unser eigenes Paradies.“ Wody reicht ihre kleine Hand. Lange, ledrige Finger hat sie. Bald wird sie mit ihrem älteren Bruder und ihren Eltern in die Botanika umziehen. Auch die Vidas werden sich demnächst ein neues Zuhause suchen.
Ein Teil der Geschichte Huchtings geht ihrem Ende zu
Mitnehmen wollen sie dorthin nichts aus ihrem Leben im Paradies: Nicht den hölzernen Elefanten, der am Eingang an alte Zeiten erinnert, und nicht die Tiere, die irgendwann im Gartencenter das Zeitliche gesegnet hatten und ausgestopft wurden. Nur eine 17 Jahre alte Katze, die heute im Gartencenter lebt, wird sie wohl begleiten.
Die Zeiten des Bremer Zoos, sie sind unwiederbringlich vorbei. Doch die Vidas und ihre Tiere haben einen Teil Huchtinger Geschichte geschrieben. „Viele Kunden haben in Briefen geschrieben, was ihnen der Zoo bedeutet hat“, erzählt der 73-Jährige. Er sieht gerührt aus.
Wer das Gartencenter an der Kirchhuchtinger Landstraße 13 besuchen möchte, kann das noch bis Ende Juli tun. Auch wenn die meisten Tiere weg sind, gibt es noch viel zu entdecken, und die liebevolle Atmosphäre der Zoolandschaft besteht weiterhin. Alle Pflanzen und Dekoartikel sind außerdem um 50 Prozent reduziert.