In der Hafenwirtschaft in Norddeutschland mache sich Optimismus breit, ebenso bei den Reedereien – das meldet die IHK Nord und verweist auf ihre neueste Konjunkturumfrage. Der Geschäftsklimaindex der Hafenwirtschaft soll von 103,1 Punkten im Herbst auf 112,9 Punkten im Frühjahr 2016 gestiegen sein und die norddeutschen Häfen hätten Marktanteile gewonnen.
Doch ist das wirklich die realistische Lage? Oder besteht nicht Grund zu Vorsicht, angesichts der Signale, die man aus der Branche hört, und vieler offener wirtschaftlicher Risiken? „Allgemein wird die Konjunkturlage durch die IHK Nord zu optimistisch eingeschätzt“, sagt der Bremer Ökonom Rudolf Hickel dem WESER REPORT. Dabei seien die auch für die norddeutsche Wirtschaft zu erwartenden Belastungen aus der Brexit-Entscheidung noch nicht berücksichtigt.
Niedrigzinspolitik werde unterschätzt
„Aber auch die Risiken aus der lang anhaltenden Niedrigzinspolitik werden unterschätzt“, mahnt der Ökonom. Vor allem aber zeige sich in der Unternehmenswirtschaft trotz niedriger Kreditkosten immer noch eine deutliche Investitionszurückhaltung, und zwar vor allem im Ausrüstungsbereich. Der Grund liegt in der fehlenden nachhaltigen Nachfrage, von der die Gewinnerwartungen abhängig sei.
Wenn auch der Containerumschlag in den Seehäfen Hamburg und Bremerhaven im Vergleich zu Rotterdam günstig verliefe, meint Hickel, dass trotzdem „Alarmzeichen“ zu erkennen seien. Die Ursache liege am weltweiten Rückgang des Handels, von dem die maritimen Transporte abhängen.
Schifffahrtskrise wird wohl noch anhalten
Dies hänge dominant von der Umstellungsschwierigkeiten der chinesischen Wirtschaft ab, die sich in Richtung Stärkung des Binnenmarkts bewege. Hickel: „Die Schifffahrtskrise, die nicht nur konjunkturell, sondern maßgeblich strukturell bedingt ist, wird anhalten.“
Vor allem bleibe es bei niedrigen Charterraten. Hickel: „Ein Grund sind die Schiffsüberkapazitäten, die auf die maritimen Transportmärkte drängen.“