Elke Fenske (l.) und Regina Krumpe von der Agentur für Arbeit erklären, warum es auch kurzfristig noch Sinn macht, sich um einen Ausbildungsplatz zu bemühen.Foto: Meyer Elke Fenske (l.) und Regina Krumpe von der Agentur für Arbeit erklären, warum es auch kurzfristig noch Sinn macht, sich um einen Ausbildungsplatz zu bemühen. Foto: Meyer
Ausbildungsstellen

„Wir haben noch viel zu bieten“

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Im Bezirk der Arbeitsagentur Delmenhorst suchen noch viele Betriebe Azubis und viele Schulabgänger noch Ausbildungsplätze. Im Interview erklären die Jobvermittler Regina Krumpe und Elke Fenske warum das so ist.

Delme Report: Welche Gründe gibt es dafür, dass noch so viele Ausbildungsstellen unbesetzt sind?

Regina Krumpe: Oft lassen sich die Betriebe Zeit und warten noch ab, ob ein besserer Bewerber kommt. Manchmal springt auch ein Bewerber wieder ab, weil er etwas anderes gefunden hat, was ihm besser gefällt. Gerade kleinere Betriebe wollen erst einmal wissen, ob ihre Azubis die Prüfungen bestanden haben, bevor sie neue einstellen.

Elke Fenske: Bis zum 1. August und 1. September bewegt sich aber noch sehr viel.

Mit welchen Problemen werden Sie und Ihre Kollegen bei der Besetzung noch freier Ausbildungsstellen häufig konfrontiert?

Regina Krumpe: Manchmal ist es für die Bewerber nicht einfach, sich für einen Beruf zu entscheiden. Entweder   sie haben Berufswünsche, finden aber nicht den richtigen Betrieb oder aber die Chemie zwischen dem Bewerber und dem Personaler stimmt nicht.

Elke Fenske: Der Ausbildungsmarkt hat sich zudem gewandelt. Die Bewerber haben wesentlich mehr Möglichkeiten als früher. Das führt dann dazu, dass sie teilweise auch mehrere Zusagen haben. Dann ist es wichtig, dass sie sich frühzeitig entscheiden und das, was sie nicht in Anspruch nehmen wollen absagen. Nur so können die frei werdenden Stellen der Betriebe wieder von anderen Bewerbern besetzt werden.

Insbesondere im Dienstleistungsbereich werden noch Azubis gesucht, beispielsweise als Koch oder Restaurantfachkraft. Sind das unbeliebte Ausbildungszweige?

Regina Krumpe: Unbeliebt kann man nicht sagen, aber in Dienstleistungsbereichen wie im Hotel- und Gaststättengewerbe, arbeiten die Leute dann, wenn andere Freizeit haben. Das hat natürlich Auswirkungen auf das soziale Leben.

Elke Fenske: Viele können sich das auch nicht recht vorstellen. Dann ist es immer ganz gut, wenn sie es ausprobieren und ein Praktikum machen. Dass bestimmte Branchen per se unbeliebt sind, bedeutet nicht, dass sie für jeden negativ sind. Das sollte jeder für sich feststellen. Dem einen kommt es entgegen, wie zum Beispiel im Bäckerhandwerk, früh aufzustehen und bei schönem Wetter nachmittags ins Schwimmbad zu gehen, andere sind damit schon nach zwei Wochen am Limit.

Regina Krumpe: Dafür kann eine Berufsberatung schon sehr hilfreich sein, weil man sie alleine macht und nicht im Kreis seiner Clique. Es ist ganz schwer für Jugendliche, ihren eigenen Weg zu gehen, wenn sie von Gleichaltrigen beeinflusst werden.

Für welche Branchen werden unter anderem noch Azubis gesucht?

Regina Krumpe: Es sind noch viele Stellen frei, wie zum Beispiel als Altenpfleger, Zweiradmechatroniker, Anlagenmechaniker für Sanitär und Heizung, Zimmerer, Bäcker, Technischer Konfektionär und Dachdecker. Außerdem als Elektroniker, Straßenbauer, Fachkraft für Lebensmitteltechnik, Steuerfachangestellter, Frisör, Glaser und IT-Systemelektroniker. Auch gesucht werden noch Auszubildende als Groß- und Außenhandelskaufmann und Medientechnologe. Wir haben noch relativ viel für den Geschäftsstellenbezirk Delmenhorst und Ganderkesee zu bieten.

Was raten Sie Bewerbern als auch Betrieben, die noch kurzfristig suchen?

Regina Krumpe: Ich würde allen raten, die bis jetzt noch keine Ausbildungsstelle gefunden haben, nicht aufzugeben und am Ball zu bleiben. Sie sollen auf jeden Fall den Kontakt zur Berufsberatung suchen oder halten und offen für Alternativen sein, denn es gibt immer Tätigkeiten, die in anderen Bereichen wieder artverwandt vorkommen. Auch den Betrieben rate ich, sich nochmal die Bewerber anzuschauen, einen zweiten Blick zu wagen. Und wenn man das Gefühl hat, eigentlich passt er in den Betrieb, aber vielleicht gibt es Probleme mit der Schule, dann sollte man auf die Agentur zukommen. Es gibt Möglichkeiten der Unterstützung für  Jugendliche, wenn sie schulische oder soziale Probleme haben wie die Ausbildungsbegleitenden Hilfen zum Beispiel. Es gibt auch das lange Praktikum, eine Einstiegsqualifizierung, die auf ein bestimmtes Berufsbild vorbereitet und zeitlich auf eine Ausbildung angerechnet werden kann. Dafür gibt es eine finanzielle Unterstützung.

Inwieweit hat sich der Ausbildungsmarkt verändert? Sind die Arbeitgeber vielleicht zu wählerisch oder die Schulabgänger zu schlecht ausgebildet?

Regina Krumpe: Nein. Wir haben aufgrund des demografischen Wandels weniger Jugendliche als früher. Außerdem erwerben sie bessere Bildungsabschlüsse als früher. Die Zahl der Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss ist gesunken.

Elke Fenske: Natürlich gibt es auch Schüler mit schlechten Zensuren. Das bedeutet aber nicht, dass sie schlechter geworden sind, sie haben vielleicht andere Qualitäten. Ein Zeugnis sagt nicht unbedingt etwas über ihre Fähigkeiten und Entwicklungspotenziale aus.

Wie ist der Trend am Ausbildungsmarkt im Bezirk?

Regina Krumpe: Die Betriebe bekommen nicht mehr so viele Bewerbungen wie früher und auch sie müssen mittlerweile für sich Werbung machen. Das ist eine Veränderung, mit der man erst einmal klar kommen muss. Die Zeiten sind gut, die Bewerber nicht schlecht, aber man muss sich um sie bemühen. Das ist einfach so.

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