Von Florian Hanauer, Laura Bohlmann, Lotta Drögemüller und Sonja Niemann
Die personelle Situation am Bremer Standesamt ist weiter angespannt. Die Lage eskalierte, als es in dieser Woche zu Tumulten kam, worauf das Amt für Bürger ohne Termin am Donnerstag und Freitag ganz geschlossen wurde. Immerhin: Ab Montag ist das Amt wieder geöffnet, dann dürfte es aber auch wieder Warteschlangen geben. Von sämtlichen Oppositionsparteien kam scharfe Kritik an den Zuständen.
„Wir erwarten eine Besserung der Situation im August, wenn krankheitsbedingt ausgefallene Mitarbeiter wieder zurück sind und auch die Urlaubszeit mit Ende der Ferien vorbei ist“, sagt Nicolai Roth, Büroleiter der Innenbehörde. Die Abteilung, die für das Standesamt zuständig ist, soll jetzt „in die senatorische Behörde“ geholt werden.
„Schwerpunktteam“ soll Altfälle im Standesamt abarbeiten
Immerhin habe man 600 Bewerbungen für neue Standesbeamte erhalten. Doch Auswahl und Ausbildung nehmen Zeit in Anspruch. Immerhin sollen Anfang August zwei neue Standesbeamte werde. Zudem will die Innenbehörde ein „Schwerpunktteam“ einsetzen, dass die aufgelaufenen Altfälle abarbeiten soll.
Vermutungen, dass Mitarbeiter zwischen der Behörden in Bremen durch das Personalvertretungsgesetz nicht einfach ausgetauscht werden können, meint Roth: „Innerhalb des Amtes können Mitarbeiter getauscht werden, also von Stadtamt zu Standesamt. Nur im senatorischen Bereich ist das nicht so einfach möglich. Und in Ausnahmesituationen, wenn es darum geht, den Dienstbetrieb aufrecht zu erhalten, geht das trotzdem.“
„Wir haben genug Geld für Mitarbeiter“
Finanzierungslücken gebe es nicht: „Wir haben genug Geld für eine ausreichende Zahl an Mitarbeitern, Standesbeamte gibt es aber nicht einfach auf dem freien Markt.“
Für Bremer, die aktuell etwa eine Geburtsurkunde benötigen, sind diese Maßnahmen kurzfristig nicht hilfreich. „Wir können nur darum bitten, einen Termin zu vereinbaren, vorzeitig. Wenn jemand zum Beispiel im sechsten Monat schwanger ist, kann er schon vorsorglich einen Termin für Ende November machen.“
Zustände im Standesamt seien „standortschädigend“
Die Bremer Handelskammer findet unterdessen, dass die Verhältnisse am Standesamt „standortschädigende Zustände“ angenommen haben, wie es Syndicus Dr. Andreas Otto ausdrückt.
Bremen befinde sich durchaus in Konkurrenz zum Umland und eine bürgerfreundlichkeit der Verwaltung sei wichtig. „Schade, dass es jetzt wieder so viele Negativmeldungen über unseren Standort gibt.“
Äußerst misslich für die Verbraucher in Bremen
„Für die Verbraucher in Bremen ist das eine äußerst missliche Lage“, sagt Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale. „Eigentlich bin ich verpflichtet, zum Beispiel bei der Geburt eines Kindes, Dokumente beizubringen.“
Komme man dem nicht nach, habe das Folgen für Steuervergünstigungen oder Kindergeld. Oelmann: „Und wenn die Eheschließung nicht vorankommt, kommen eventuell alle Pläne ins Wanken. Bei vielen Amtshandlungen seien die Bürger an die Stadt gebunden, bei Eheschließungen aber nicht, wie sie zu Bedenken gibt.
Nicht auf Rücken der Arbeitnehmer austragen
Elke Heyduck, Geschäftsführerin Arbeitnehmerkammer Bremen, meint: „Es darf nicht sein, dass benachteiligte Gruppen materielle Not leiden, weil Bremen am Personal spart.“ Insbesondere dürfe jetzt der Konflikt nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden.
Der Arbeitgeber sei in der Pflicht, die Beschäftigten vor Übergriffen aggressiver Kunden zu schützen – „am besten, indem man kurzfristig Abhilfe schafft und offene Stellen besetzt.“