Dienstag Abend lud die Linkspartei zu Stagges ein, ihr Wahlprogramm bekannt zu machen. Die Laternenpfähle der Kreisstadt wurden schon vor einer Woche zugehängt. Von der Partei, die von sich sagt, dass soziale Gerechtigkeit nur mit ihr gehe. Herbert Behrens trat schon vor zehn Jahren an, seinerzeit noch auf der Liste der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG), einem Zusammenschluss von Menschen, die sich durch die Hartz-IV-Gesetzgebung von der SPD tief enttäuscht fühlten. Die WASG fusionierte später mit der SED-Nachfolgepartei zur Linkspartei.
Mittlerweile ist eine neue Generation herangewachsen, die weder DDR, Mauer oder Wende aus eigener Anschauung kennt. Herbert Behrens, Osterholz-Scharmbecker Urgestein und bis 1989 Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei, gehört seit 2009 dem Deutschen Bundestag an. Der 62-Jährige war auch Kreisvorsitzender seiner Linken in Osterholz und freut sich, für seine Parteiämter inzwischen Nachwuchs gefunden zu haben und auch als Kandidaten für Ämter in den Organen der kommunalen Selbstverwaltung.
Linkspartei stolz auf junge Kandidaten
Mizgin Ciftci tritt für seine Partei als Spitzenkandidat für den Kreistag an. Der Kreisvorsitzende der Linken freut sich übers große Engagement von jungen Menschen für die Linke: „Wir wollen wieder in Fraktionsstärke im Kreistagvertreten sein.“ Mit einer Liste junger und älterer Bewerber hätten die Wähler eine breite Auswahl, sagt der selbst erst 24-Jährige. Der Wählerschaft, die größer sein soll, als es der Stimmenanteil bei Wahlen zeigen würde, gibt man ein Programmheftchen an die Hand. Dass man kostenfreie Kitas und Krippen, Sozial-Tickets für Bus und Bahn oder einen Sozialtarif für den Energie- und Wasserbezug fordert, also Programmpunkte aufzählt, die den Einsatz von öffentlichen Mitteln erfordern, ficht die Linken nicht an. „Wir wollen auch eine andere Aufteilung von Steuergeldern zwischen Bund, Land und Kommunen“, sagt Ciftci und verteidigt, dass man auch Forderungen im Kommunalwahlkampf vertritt, für die es noch auf Landes- und Bundesebene zu streiten gilt.
Neben sozialpolitischen Forderungen legt man einen besonderen Fokus auf die Verkehrspolitik. Herbert Behrens, auch im Bundestag Verkehrspolitiker, geht davon aus, dass künftig nicht alleine für den motorisierten Individualverkehr geplant werden dürfe. Darum wehrt sich seine Partei gegen eine Umgehungsstraße der B74 an Scharmbeckstotel und Ritterhude vorbei. Stattdessen solle der Öffentliche Personennahverkehr ausgebaut werden. Auch mit mehr Linien, die sämtliche Kreisgemeinden mit der Kreisstadt verbinden. „Es kann doch nicht sein, dass sämtliche Linien zuerst über den Bremer Hauptbahnhof geführt werden“, sagt Mizgin Ciftci.
Die Linke hat Kandidatinnen und Kandidaten für fast alle Kommunalparlamente und den Kreistag aufgestellt. Bündnispartner für ihre Politik braucht die Partei künftig schon deshalb, weil sie auch theoretisch nicht die Mehrheit erreichen kann, der Linken fehlt es am Ende doch am Personal, die Kandidatenlisten entsprechend auszustaten.
Weitere Parteien nominierten Kandidaten
Die SPD der Kreisstadt hatte schon im April ihre Kandidatinnen und Kandidaten für den Stadtrat vorgestellt (wir berichteten), die CDU zog im Juni nach und in dieser Woche meldeten auch Bürgerfraktion und die Linkspartei mit ihren jeweiligen Listenvorschläge für die beiden Wahlgebiete Osterholz-Scharmbecks zu Wort.
Der CDU-Stadtverband stellt 21 Kandidatinnen und Kandidaten auf. Fraktionschef Michael Rolf-Pissarczyk freut sich, dass vier Wahlvorschläge unter 30 Jahren, acht unter 40, vier Parteilose, und sieben alte Hasen, auf der Liste stehen. „Diese Listenaufstellung ist der erste Meilenstein für einen erfolgreichen Wahlkampf“, so Rolf-Pissarczyk. Kommunalpolitik könne man nicht an festgezurrten Parteiprogrammen und Ideologien festmachen. „Sie richten sich nach den Möglichkeiten und Chancen einer Stadt. Nur das kann das Ziel von kommunalpolitischem Handeln sein“, sagt der CDU-Chef im Stadtrat. Deshalb sei die Liste der CDU bewusst nicht beschränkt auf Parteimitglieder. „Bürger die der CDU nahestehen und parteilos sind und dieses auch bleiben wollen, sind bei uns genauso gerne gesehen“, so Rolf-Pissarczyk.
„Es ist immer wieder spannend wenn es darum geht, wer für die Bürgerfraktion bei der Kommunalwahl antreten möchte“, sagt Wilfried Pallasch. Dem Gründer und Chef der Wählervereinigung ist es auch für den kommenden Urnengang gelungen, interessante Kandidaten und eine Kandidatin als kommunale Bürger-Vertreter vorschlagen zu können. „Ob Krankenschwester, Kaufmann, Handwerker, ob Selbstständiger oder Verwaltungsfachmann, die Wählerinnen und Wähler haben die Chance ihre Vertrauensperson anzukreuzen“, meint Pallasch. Gemeinsam mit der Erfahrung der bisherigen Mitglieder von Stadtrat und Kreistag würden auch die neuen Kandidaten für eine bürgerorientierte Arbeit stehen.
Lilienthal wählt auch neuen Bürgermeister
Gewählt werden auch die Räte in Lilienthal, Grasberg, Ritterhude, Schwanewede, Worpswede sowie der Samtgemeinde Hambergen und ihren Mitgliedgemeinden. In Lilienthal gibt es darüber hinaus mindestens einen Wahlgang zur Bestimmung eines neuen Bürgermeisters, Amtsinhaber Willy Hollatz (Bündnis 90/Die Grünen) tritt nicht wieder an. Dort haben die Grünen ihre Ratsfrau Erika Simon, die SPD den Vorsitzenden ihrer Ratsriege, Jens Erdmann, die CDU ihren Kreischef Kristian W. Tangermann, die FDP John Hansen als ihren Kandidaten und die Wählervereinigung „die Querdenker“ ihr Mitglied Harald Rossol als Kandidaten für die Rathausspitze nominiert. Zusätzlich gibt es noch die Kandidatur von Peter Hanuschke als unabhängigem Bürgermeisterkandidaten. Bei der Bürgermeisterwahl ist im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit der Stimmen erforderlich, falls keiner der Kandidaten die 50-Prozent-Marke schafft, gibt es am Sonntag, 25. September, eine Stichwahl zwischen den beiden Bestplatzierten.
Auch der Osterholzer Kreistag muss neu zusammengesetzt werden. In seiner jetzigen Konstellation tagt dieses Gremium auch noch nach der Kommunalwahl ein weiteres Mal, Landrat Bernd Lütjen will es dem Gremium zugestehen, noch vor Ablauf der Wahlperiode im Oktober eine Sondersitzung stattfinden zu lassen. Dann soll über die umstrittene Sammelverordnung zur Ausweisung zusätzlicher Naturschutzgebiete entschieden werden.