Carsten Sieling am Rednerpult. Foto: Schlie Carsten Sieling am Rednerpult. Foto: Schlie
Bürgermeister

Sieling entschuldigt sich bei Bürgern und Eltern

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Nach Krise beim Stadtamt und bei Kita-Versorgung: Bürgermeister Carsten Sieling drückt sein Bedauern aus. Doch er sieht die Opposition mit in der Pflicht, die den Senat hart angeht und von "Stadtversagen" spricht.

„Die Bürger unserer Stadt können mit Recht erwarten, dass öffentliche Dienstleistungen in angemessener Zeit durchgeführt werden“, sagte Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) am Dienstag in der Stadtbürgerschaft. In der Tat müsse man konstatieren, dass in einigen Ämtern die Ziele nicht erreicht wurden, sagte Sieling mit Blick auf die jüngsten Vorfälle beim Stadtamt und die nicht ausreichende Zahl an Kita-Plätzen in Bremen.

„Ich möchte mich dafür entschuldigen, bei allen Bürgerinnen und Bürgern und bei allen Eltern, dass wir es nicht hinbekommen haben, die Leistungen so zu erbringen, so wie es notwendig ist“, erklärte der Bürgermeister in der Aktuellen Stunde.

FDP prägt Begriff „Stadtversagen“

Die hatte die FDP beantragt, und dazu gleich einen neuen Begriff aus der Taufe gehoben: „Stadtversagen“ nennt die FDP das, was in Bremens öffentlichem Dienst passiert, angelehnt an das geradezu albtraumhafte „Staatsversagen“. FDP-Fraktionschefin Lenke Steiner meinte, tagtäglich sehe man endlose Schlangen vor dem Bürger-Service-Center. Das Standesamt sei ebenfalls kollabiert, Bußgeldangelegenheiten könnten nicht mehr abgearbeitet werden.  Junge Eltern in Bremen müssten wegen des „Ämterversagens“ schlaflose Nächte hinnehmen.

„Klägliches Versagen“ warf auch CDU-Rechtsexperte Dr. Oğuzhan Yazıc dem Senat vor. „Die Bremer sind leiderprobt. Sie wünschen sich ja schon gar nicht, dass alles funktioniert auf der Behörde.“ Doch wenn die elementarsten Dinge nicht mehr funktionierten, dann sei etwa in Gefahr.

CDU ruft nach „ordnender Hand“, die durchgreift

Jedes Jahr spitzen sich die Zustände zu, so Yazıc, dafür trage die Behördenspitze die Verantwortung. Sieling müsse „mit ordnender Hand“ als Präsident des Senats durchgreifen. Die CDU wolle nicht nur das Amt besser ausstatten, sondern es grundsätzlich überprüfen, also „auf den Reset-Knopf drücken“.

Kristina Vogt, Fraktionschefin der Linken, meinte nach dem Beitrag von Maike Schäfer (Grüne), sie zweifele an der Regierungsfähigkeit der Grünen. Vogt nahm den Begriff „Staatsversagen“ auf: „Wenn es einer Kommune in derart vielen Bereichen nicht gelingt, öffentliche Aufgaben wahrzunehmen, dann kann man durchaus von Staatsversagen sprechen.“ Den Personalabbau wolle der Senat nicht beenden. „Hochgefährlich“ findet Vogt das Ausmaß.

Die SPD will mehr als Notlösungen

Noch vor dem Bürgermeister wies SPD-Fraktionschef Björn Tschöpe die Attacken der Opposition zurück. Der Aktenstau sei abgearbeitet, und der Senat habe auch sichergestellt, dass es kein langes Warten mehr gebe. „Auch wir als SPD haben die Erwartung, dass Schritte eingeleitet werden, die über Notlösungen hinaus gehen“, so Tschöpe. Existenziell ist für ihn vor allem die Versorgung mit Kita-Plätzen, von denen mehr als 600 fehlen, wie er einräumt.

Carsten Sieling verteidigte dann am Rednerpult Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), der das Stadtamt nach Bekanntwerden der Missstände neu organisiert habe. Kein Verständnis hat Sieling für die Kritik an den nicht bearbeiteten Bußgeldbescheiden: Wenn 400 Bußgeldbescheide liegen blieben, sei das bedauerlich, aber dies seien unter 0,1 Prozent aller Bußgeldbescheide. Sieling: „Ich bitte darum, fair mit den Menschen umzugehen, die in den Ämtern die Arbeit tun.“

Sieling sieht alle Abgeordneten in der Pflicht

26 Millionen Euro sollen nach dem Doppelhaushalt in den Ausbau der Kindergärten in Bremen fließen, wie Sieling betont. 600 neue Plätze habe man von 2015 bis jetzt geschaffen, im Jahr davor seien es 400 Plätze mehr gewesen. „Auch das bitte ich zur Kenntnis zu nehmen.

Dann wurde Sieling staatsmännisch: „Ich halte gar nichts davon, dass wir uns herausreden.“ Aber man müsse darauf hinweisen, dass Bremen unter finanziell starkem Druck stehe. „Da sind alle gewählten Abgeordneten in der Pflicht.“ Die Frage müsse sein, wie es gelinge, die „Daseinsvorsorge“ in Bremen zu organisieren.

Sieling: „Wir müssen uns darauf konzentrieren, was die Menschen in Bremen brauchen.“ Das habe bisher zu wenig im Vordergrund gestanden. Bei den politischen Maßnahmen gehe „die Pflicht vor die Kür“.

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