Landgericht Eulenbruch Die zweite Sachverständige sollte klären, was auf Videoaufnahmen der Überwachungskamera gesagt wurde, auf denen auch Hans Eulenbruch, hier mit seinem Verteidiger Erich Joester zu sehen war. Foto: Schlie
Lippenleserin

Harms-Prozess: „Ich glaube das wird nicht einfach“

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Vor Gericht sind am Freitag mehrere Sachverständige im Harms-Prozess zu Wort gekommen. Neben einem Telefontechniker war die Aussage einer Lippenleserin für die Richter interessant. Eindeutige Antworten hatte sie nicht.

Haben der Ex-Harms-am-Wall-Geschäftsführer Hans Eulenbruch und der Mitangeklagte Thomas M. den Brand vom 6. Mai 2015 im Vorfeld geplant? Die Staatsanwaltschaft vermutet das und wollte mit dem Video einer Überwachungskamera am Freitag vor Gericht den Beweis liefern.

Zu sehen sind Eulenbruch und M., wie sie einen Flur des ehemaligen Bekleidungs-Geschäft betreten. Eulenbruch geht voran, schielt nach oben und verschwindet dann aus dem Bild. Thomas M. folgt ihm, bleibt in der Ecke stehen, sagt etwas, deutet nach oben, sagt noch etwas und verschwindet dann auch aus dem Bild. Weil die Kamera keine Tonaufnahmen gemacht hat, hat die Polizei zu einem ungewöhnlichen Mittel gegriffen, und eine Lippenleserin gebeten, die Mundbewegungen zu entschlüsseln.

Verteidiger bezweifeln Qualifikation der Lippenleserin

Ihre Aussagen sollte sie am Freitag vor Gericht wiederholen, auch das „von dem Mund absehen“, sollte sie den Richtern vorführen. Helga Z. ist eine 76-jährige Rentnerin aus Delmenhorst und seit ihrem zweiten Lebensjahr schwerhörig. Das „absehen vom Mund“, wie sie das Lippenlesen selbst bezeichnet, habe sie sich im Laufe ihres Lebens selbst beigebracht, außerdem ein paar Stunden Unterricht genommen, andere Gehörlose geschult, erklärte sie der Richterin nachdem diese nach ihrer Qualifikation gefragt hatte.

Der Verteidigung war das zu wenig Qualifikation, beide Anwälte stellten einen Antrag darauf, die Zeugin nicht zuzulassen. Die Richter stellten den Antrag zurück mit dem Hinweis darauf, dass eine Sachverständige zwar sachkundig zu sein hat, das aber keine wissenschaftliche Qualifikation sein muss.

Spannend wurde es, als Helga Z. dann versuchte, die Lippen des zweiten Angeklagten Thomas M. abzulesen. „Das ist sehr schwierig, er spricht schnell und wird von oben gefilmt“, gab sie selbst zu. Die Rentnerin musste nah an den Laptop-Bildschirm heran treten, um überhaupt etwas erkennen zu können. Auf den ersten Blick gab sie an, dass sie sich nicht genau erinnern könne, ob die Polizei ihr genau dieses Video gezeigt hatte. „Die Vernehmung ist über ein Jahr her“, so Z.

Lippenleserin kann kein eindeutiges Urteil fällen

Dann jedoch meinte sie, aus den Mundbewegungen von Thomas M. absehen zu können, dass er „ich glaube das wird nicht einfach“ gesagt haben soll. Dann zeigt er mit dem Finger nach oben, was er danach gesagt haben könnte, konnte die Zeugin nicht benennen.

Erich Joester, der Anwalt von Hans Eulenbruch, wollte ihre Aussagen genau überprüfen. Auch er habe sich mit zwei Gehörlosen getroffen, welche die Sequenzen aus dem Video bewertet hätten. Später will er sie als Zeugen vor Gericht vernehmen lassen. „Kann es nicht auch kommen statt glauben und ich weiß nicht, statt einfach heißen?, fragte er die Lippenleserin. Helga Z. verneinte das und verwies auf die unterschiedlichen Mundbewegungen bei au und o. „Ich kann auch eindeutig ein F erkennen“, fügte sie an. Weil es keine weiteren Fragen an sie gab, wurde Helga Z. schließlich aus dem Zeugenstand entlassen.

Der zweite Sachverständige, der am Freitag zu Wort kam, war von der Polizei entsandt worden und sollte prüfen, ob Eulenbruch am Abend des 6. Mai, als das Geschäftsgebäude in Flammen aufging, versucht hat, den Notruf zu wählen. Er selbst behauptet das, sagt aber auch, dass er die Nummer nur gewählt habe, jedoch keine Verbindung zustande kam.

 

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